Montag, 2. Juli 2007

Unbequeme Nachrichten Nr.6, Betriebsunfälle

Das hat gefehlt: Wir erhielten einen Offenen Brief an Merkel aus dem Knast Aachen von einem Gefangenen, der in den Niederlanden zu Hause ist. Es ging also nicht um den Mauerknast, sondern allgemeiner um Gesellschaft, sogar nicht nur um nationale, sondern um europäische. Es war nicht ganz klar, ob das in den allgemeinen Teil unserer Zeitung "kumm erus" sollte oder in "Unbequeme Nachrichten" ...und landete in einer falschen Ablage, ging deshalb unabsichtlich in der Papierausgabe ganz verloren. Wir tragen das hier nach, obwohl es etwas an Aktualität verloren hat, seit Merkel in der Europapolitik nicht mehr so "am Drücker" ist. Strukurell verliert solch eine Mahnung aber u.E. nicht so schnell ihren Sinn, denn Berufspolitik missachtet ja andauernd die Ängste und Bedürfnisse der Bevölkerungen. Demokratie: Wir müssen einfach schlucken? Sehr geehrte Frau Merkel, ich schreibe diesen Brief anlässlich eines Fernsehberichts, in dem Sie erklärt haben, den Europäischen Grundgesetzvertrag ohne wesentliche Änderungen einführen zu wollen. Ich möchte Sie hiermit daran erinnern, dass vor 2 Jahren in den Niederlanden und in Frankreich eine Volksbefragung stattfand. Das Ergebnis dieser Volksbefragung war eindeutig - und zwar in beiden Ländern. Die Mehrheit sprach sich gegen ein Europäisches Grundgesetz aus. (Anmerkung des Tippers.: Ich glaube die Mehrheit sprach sich eher gegen DIESES Europäische Grundgesetz aus). Ich möchte Sie also fragen, wie Sie diese Tatsache und damit den Grundsatz der Demokratie, mit Ihrem Vorhaben das Gesetz trotzdem einführen zu wollen, in Einklang bringen wollen? Meiner Meinung nach bedeutet Demokratie, dass die gewählten Volksvertreter den Willen des Volkes ausführen sollten und nicht das Volk einfach zu schlucken hat, was die Volksvertretung sich einfallen lässt. Ich weiß, dass Deutschland unter dem Vorwand eine Demokratie zu sein ein verkappter Polizeistaat ist und meint, dem Rest des Europäischen Volkes vorschreiben zu können was sie zu tun haben. Als Bürger der Niederlande weiß ich aber, dass in den Niederlanden die Demokratie noch funktioniert. Sollten Sie in Ihrem Vorhaben, den Europäischen Grundgesetzvertrag gegen den Willen der Bevölkerung einzuführen erfolgreich sein, so wird dies in der niederländischen Bevölkerung aus großen Widerstand stoßen, der, wie ich hoffe, bis zum zivilen Ungehorsam gehen wird.
Mit freundlichen Grüßen P.Pricken
Das war zu viel: ... und dann gab es in der Papierausgabe noch den weiteren Betriebsunfall, dass einer von uns, der eigentlich eine Lesebrille brauchte, in letzter Minute um kleine optische Füllelemente fürs Layout gebeten wurde. Er suchte im Internet und fand u.a. ein kleines Schildchen: "Schreibt den Gefangenen". Das leitete er weiter. Es war ihm nicht aufgefallen, dass da noch einige Buchstaben quer standen, welche, wenn man/frau sie entschlüsseln kann, auf einen rechtsradikalen Organisationszusammenhang verweisen. Das rief einiges Entsetzen hervor bei Lesenden mit besseren Augen und der Kenntnis des entsprechenden Kürzels. Wer unsere Zeitung aber auch ansonsten aufmerksam liest, sollte eindeutig feststellen können, dass es sich beim Gebrauch dieses Füllsels um ein Missgeschick handelt und wir deshalb nicht gleich zu Nazis mutieren. Wir machen bewußt antifaschistische Arbeit, sind dabei allerdings nicht so sehr auf die schon organisierten Faschos ausgerichtet als vielmehr auf gefährliche und auzsgrenzende Denkansätze in der breiten, nicht organisierten Bevölkerung.

4 Kommentare:

nosmoky hat gesagt…

Falls AKP projekt-interne, eigene `Betriebsunfälle` nicht weiter verkleistern möchte mit `Europäischer Verfassung`, sondern EUropa den zustehenden Platz einräumen: empfehle ich thematische Trennung und Neuveröffentlichung mit klaren Europäischen Aspekten.
Weil der Vertrag von Lissabon von nicht demokratischen Aspekten leider noch immer wesentlich überschattet wird.

akp-koeln hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
akp-koeln hat gesagt…

Zur Kritik von nosmoky:

Sicher war es ungeschickt bzw. problematisch, den offenen Brief von P.Pricken optisch kaum auffindbar unter eine Überschrift zu stellen, die unser betriebsinternes Chaos meint. Das Textgemisch ist so, wie es hier steht, der Papierversion von "Unbequeme Nachrichten Nr.6" entnommen. Auf der Seite dieser Zeitung war der Artikel zu "Europäischer Verfassung" jedoch immerhin mit gro0er Überschrift, eigenem Raum und anderen Schriftzeichen deutlicher erkennbar. Im Blog hatten wir und haben wir noch große Gestaltungs-Schwierigkeiten, so dass oft ein unstrukturierter Text-Bandwurm entsteht.

Die mit "Betriebsunfälle" gekennzeichnete Vorspann - zunächst in der Papierzeitung - sollte in diesem Zusammenhang eine Art Entschudigung sein. "Unbequeme Nachrichten" und "kumm erus" waren "Mitmachzeitungen", offene Foren. Wir als politische Initiative gaben sie heraus, um Menschen eine Stimme zu geben, die ansonsten meist übersehen werden, sich nicht öffentlich äußern. Da es aber bei einer gedruckten Zeitung nicht unmittelbar so möglich ist, sich als Autor/in zu äußern wie im Internet, es also in unserer Verantwortung lag, dass nichts uns vertrauensvoll Zugeschicktes "unter den Tisch fiel", hatten wir sehr ungute Gefühle, dass besagter Text mehr als 2 Monate verschleppt worden war. Dies sowohl in Hinsicht auf den Autor als auf die Leser/innen. Das Geschriebene hatte tagespolitische Aktualität verloren, sprach aber bleibende Mißstände an, obwohl diese wieder aus dem gesellschaftlichen Fokus gerückt waren...

Petra
aus der Gruppe
Autonomes Knastprojekt

akp-koeln hat gesagt…

Hier noch einmal gesondert der kritische Brief von P. Pricken:

DEMOKRATIE:
Wir müssen einfach schlucken?

Sehr geehrte Frau Merkel,
ich schreibe diesen Brief anlässlich eines Fernsehberichts, in dem Sie erklärt haben, den Europäischen Grundgesetzvertrag ohne wesentliche Änderungen einführen zu wollen. Ich möchte Sie hiermit daran erinnern, dass vor 2 Jahren in den Niederlanden und in Frankreich eine Volksbefragung stattfand. Das Ergebnis dieser Volksbefragung war eindeutig - und zwar in beiden Ländern. Die Mehrheit sprach sich gegen ein Europäisches Grundgesetz aus. (Anmerkung des Tippers.: Ich glaube die Mehrheit sprach sich eher gegen DIESES Europäische Grundgesetz aus).

Ich möchte Sie also fragen, wie Sie diese Tatsache und damit den Grundsatz der Demokratie mit Ihrem Vorhaben, das Gesetz trotzdem einführen zu wollen, in Einklang bringen wollen? Meiner Meinung nach bedeutet Demokratie, dass die gewählten Volksvertreter den Willen des Volkes ausführen sollten und nicht das Volk einfach zu schlucken hat, was die Volksvertretung sich einfallen lässt. Ich weiß, dass Deutschland unter dem Vorwand eine Demokratie zu sein ein verkappter Polizeistaat ist und meint, dem Rest des Europäischen Volkes vorschreiben zu können was sie zu tun haben.

Als Bürger der Niederlande weiß ich aber, dass in den Niederlanden die Demokratie noch funktioniert. Sollten Sie in Ihrem Vorhaben, den Europäischen Grundgesetzvertrag gegen den Willen der Bevölkerung einzuführen erfolgreich sein, so wird dies in der niederländischen Bevölkerung aus großen Widerstand stoßen, der, wie ich hoffe, bis zum zivilen Ungehorsam gehen wird.

Mit freundlichen Grüßen
P.Pricken