Balu
(Berner Sennenhund) und ich verkauften am Nachmittag des 12. April kumm-erus-Zeitungen. Gegen 20.15 h begaben wir uns auf den Rückweg in die Räume unseres Kollektives, um noch ein wenig über die Ereignisse des Tages zu plaudern.
Unser Weg führte dabei an einem der Polizeiautos am Apostelnkloster vorbei. Diese sind zur präventiven Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Amerikahauses gegen "Terroristen" von je zwei Beamten stets besetzt. Der liebe Balu schnüffelte hinter mir am Boden entlang und fand doch glatt eine scheinbar besondere Duftnote direkt vor dem Einsatzfahrzeug unserer Staatsdiener. Woraufhin er die Frechheit besaß, diese mit seinem Duft zu überdecken. Da Balu hinter mir herlief, bekam ich natürlich von dem Geschehen nichts mit.
Plötzlich rief einer der Polizisten, nämlich Hr. Mertens
(er nannte mir freundlicherweise seinen Namen): "Hallo Sie da, der mit dem Hund, bleiben Sie mal stehen!"
Ich kehrte um und fragte, ob sein Rufen denn mir galt. Er bejahte und knurrte etwas aufgeregt: "Sehen Sie, was Ihr Hund hier angerichtet hat?"
"Nein" war meine Antwort.
Mertens: "Er hat unser Auto angepisst!"
Ich: "Ich sehe nichts dergleichen."
Mertens: "Doch, genau hier vorne!", er deutete etwas zaghaft in Richtung Nummernschild seiner Staatskarosse.
Ich: "Da ist doch gar nichts! Sollte Balu überhaupt hier markiert haben, dann nur genau VOR das Auto. Und das ist doch keine Straftat, oder?"
Mertens: "Nein, aber er kann doch nicht einfach unser Fahrzeug anpissen!"
Ich: "Hat er auch nicht getan."
Plötzlich gesellte sich Mertens Kollege stillschweigend neben uns.
Mertens: "Hat er aber beinahe! Ihren Ausweis bitte!"
Ich: "Wozu brauchen Sie jetzt meinen Ausweis? Ich habe doch gar nichts verbrochen!"
Mertens: "Ihren Ausweis will ich, jetzt sofort!"
Ich gab ihm meinen Perso, woraufhin er seinen Kollegen bat, meine Personalien zu überprüfen.
Ich sagte: "Das ist aber nicht lustig, was Sie hier fabrizieren. Bloß weil Balu angeblich vor Ihre Staatskarosse gepinkelt hat, wollen Sie mich jetzt mit Ihrem dienstlichen Kram schikanieren, Sie haben ja die Macht."
Mertens: "So ein Schwachsinn!"
Ich: "Ja, geistig behindert bin ich auch ein wenig! Habe auch einen Schwerbehindertenausweis. Hier, den kann ich Ihnen gleich noch zeigen."
Mertens nahm ihn an sich, beäugte ihn ganz neugierig und meinte: "Hab ich schon mal gesehen. Sind Sie überhaupt in der Lage, solch einen Hund zu führen?"
Ich: "Was soll denn das nun bedeuten? Das ist doch ein Berner Sennenhund! Diese Hunde sind äußerst gutmütig, gemütlich und kinderlieb. Vor allem Balu ist sehr gut erzogen, er hört auf's Wort!"
Inzwischen kam der Kollege Mertens zurück und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich einen BTM-Eintrag hätte und außerdem meinen amtlich eingezogenen Führerschein noch bei mir führen müsste. Es wäre auf alle Fälle eine Leibesvisitation durchzuführen.
Ich sagte: "Ich habe alles gehört! Den Führerschein suchen Ihre Kollegen bei jeder Personenkontrolle bei mir. Der wurde im Jahre 2000 als eingezogen erklärt, konnte aber physikalisch nicht eingezogen werden, da ich ihn bei meinem Umzug von Bayreuth nach Bremen verloren hatte. Das erklärte ich jährlich mehrmals, bei jeglichen Personenkontrollen schon all Ihren Kollegen. Seltsam, dass es bis dato keiner von Ihnen fertig gebracht hat, den Staatscomputer mit der entsprechenden Information zu füttern."
Daraufhin waren die beiden vom faden Alltag gelangweilten Polizisten sauer geworden und filzten mein ganzes Gepäck. Ich musste meine Jacken- und Hosentaschen entleeren. Sie untersuchten jeden einzelnen Gegenstand besonders langsam und stellten noch ein paar seltsame Fragen. Dann durfte ich alles wieder einpacken.
Nun sagte Herr Mertens noch: "Tja, gefunden haben wir nichts, doch wird uns schon etwas einfallen, womit wir Sie drankriegen!" Woraufhin ich antwortete: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Es liegt absolut keine Straftat oder Widrigkeit vor! Kann ich jetzt endlich gehen?".
Mertens: "Ja, nehmen Sie Ihren Köter und verschwinden Sie! Und passen Sie auf, dass er nicht noch einmal ein Fahrzeug anpisst. Aber, Sie können beruhigt sein, wir werden uns schon was einfallen lassen, Sie hören noch von uns!"
Merlin
Unbequeme Nachrichten Nr.6, Mitte 2007
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