Über den Umgang mit Christian Klar (RAF)
(UN6, Text 3)
"Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen", so heißt es in
"Der Freischütz" von Carl Maria von Weber; und (Menschen) Jäger
in Politik und Medienwelt sind unterwegs.
Seit einigen Tagen versuchen sich Politiker und Medien zu
überbieten, wenn es darum geht, eine Freilassung, ja selbst die
Gewährung von Vollzugslockerungen
(wie Ausgang, Offener
Vollzug, u.ä.), für den in der JVABruchsal inhaftierten Christian
Klar zu be-, zu verhindern.
Von BILD
("Christian Klar hetzt aus dem Knast") ist man nichts
anderes gewohnt, auch "Die Zeit"
(Ausgabe Nr. 10, 1. März 2007)
diagnostiziert aus Hamburger Ferne, Klar sei weder einsichtig,
noch habe er eine eindeutige Absage an Gewalt von sich hören
lassen.
Die Kampagne löste eine von ARD-report zur Enthüllung
hochstilisierte Vorabmeldung über einen angeblich erst im
Februar 2007 bekannt gewordenen Brief Christian Klars aus,
obwohl diesen - es handelte sich um ein Grußwort an die im
Januar 2007 stattgefundene "Rosa-Luxemburg-Konferenz"
(Berlin) - jeder Interessierte schon Wochen vorher in der
Tageszeitung "jungen Welt" und im "Gefangenen-Info"
hätte nachlesen können.
CSU-Generalsekretär Söder forderte spontan die Verwahrung
Christian Klars bis zu dessen Tod; Beckstein
(designierter
bayerischer Ministerpräsident) sprach von einem
unverbesserlichen Terroristen und auch der FDP-
Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Guido Westerwelle war empört.
Der baden-württembergische Justizminister, Prof. Dr. Ulrich Goll
(FDP) ist der Einzige der sich echauffierenden Politiker, der
unmittelbar Klars Vollzugsalltag beeinflussen kann - und offenbar
auch beeinflusst hat. War für den 27.2.07 eigentlich geplant, in
einer Vollzugsplankonferenz dem Gefangenen Klar eine
Möglichkeit einzuräumen, die Freiheit nach 25 Jahren Haft
zumindest stundenweise
(z.B. Ausgänge, Offener Vollzug) zu
"genießen", wieder kennen zu lernen, so stoppte Goll dies.
Die taz
(http://www.taz.de) titelte daraufhin am 1.3.2007
auf Seite 1: "Das Schweinesystem schlägt zurück".
Goll will nun ein zweites Gutachten in Auftrag geben
(lassen),
ihm genügt jenes des renommierten Kriminologen Kury, der
Christian Klar eine positive Sozialprognose attestierte, nicht
mehr. Das Grußwort, so der Minister, habe "eine neue Situation"
ergeben
(Zitat nach taz, 1.3.07, S. 2).
FDP-Parteikollege Westerwelle assistierte, die Gewährung von
Vollzugslockerungen müsse von einer positiven Haltung Klars zur
Grundordnung der BRD abhängig gemacht werden.
Etwa jener "Grundordnung", die Goll am 26.2.07 veranlasste, in
einem Radiointerview mit dem SWR festzustellen, er verstehe
unter Rechtsstaat, dass auch Menschen in Haft gehalten würden,
die fälschlich als "gefährlich"eingestuft wurden!?
Die Versuche, Christian Klar zu pathologisieren, sind ebenfalls
überdeutlich: Da wird sein Grußwort als "wirre Rede"
(Süddeutsche Zeitung, im Feuilleton vom 1.3.07) abqualifiziert,
gerüchteweise gestreut, der Gutachter Kury habe Klar als
"intellektuell verlangsamt" erlebt.
Wer sich die Mühe macht, das inkriminierte Grußwort selbst zu
lesen, findet dort eine realistische Einschätzung der aktuellen Lage
Lateinamerikas ebenso, wie eine - völlig berechtigte - Kritik an den
Angriffskriegen, und einen Ausblick nach Vorne, in eine Welt, in
der das Kapital nicht
(mehr) die Mehrheit der Erdbevölkerung
im Würgegriff hält.
Thomas Meyer-Falk,
c/o JVA - Z. 3117
Schönbornstr. 32
D-76646 Bruchsal
http://www-freedom-for-thomas.de
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007
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