Samstag, 12. Dezember 2015

Silvester zum Knast auch ohne Erlaubnis der Bullen

Sorry, hier stand ein ironischer Text zu unseren Erfahrungen mit ständige Behinderungen durch die Staatsgewalt in vorangehenden Jahren bei Silvester-Demos entlang der Knastmauern, bzw. im Umkreis derselben. Denn an die Mauern kommen wir in Ossendorf gar nicht ran. 
Hier stand, dass wir als Konsequenz davon keine Demo mehr anmelden, sondern zu "privaten" Grüppchen-Spaziergängen im Umkreis des Knastes aufrufen. Weil mit Böllern und Raketen in die Luft zu ballern auf Neujahr überall erlaubt sei, könnten auch Gefangene damit gegrüßt werden. Es sollten aber auch ein paar Slogans gerufen werden, damit Gefangene merken, dass sie gemeint sind. Falls dann Bullen sich einmischen, sollten die privat Spazierenden sich auf das allgemeine Sonderrecht der Silvesternacht berufen.
(Wohlbemerkt, das wurde 2015 geschrieben, als die Silvesternacht auf der Kölner Domplatte noch nicht missbraucht worden war. Was im folgenden Jahr zu Beschränkungen dieses Sonderrechts an jenem Ort geführen sollte. Was wir noch nicht ahnen konnten.). 
Es war ein Text, den ein anderer von uns geschrieben hatte und der mir gefallen hat. Jetzt habe ich den gerade unabsichtlich gelöscht, als ich beim Posten des Silvesteraufrufs 2016 noch mal ansehen wollte, was wir damals veröffentlicht hatten. Und leider ist dieser alte Text auf unseren Festplatten nicht mehr auffindbar, hier also nicht rekonstruierbar.
Nur die Schlussparole von 2015, die ich für 2016 klauen wollte, um auf diese Vorgeschichte des Verzichts auf gemeinsame Demo anzuspielen, ist noch übrig geblieben:

FÜR GESELLSCHAFT OHNE KNÄSTE

und ohne Reglementierung unserer Spaziergänge

Montag, 23. November 2015

Köln: Kletter-Aktionen gegen Knast !

Ja, tatsächlich: Kletter-Aktionen gegen Knast am Dom und in einem JVA-Hof
Heute, am 23.11. 2015 war was los, was wir leider erst nachträglich bemerkt haben.
Schaut bitte auf die Website von ABC Rhineland!
https://abcrhineland.blackblogs.org/

Montag, 20. Juli 2015

Subjektiver Eindruck zur Veranstaltung

Ein Jahr Gefangengewerkschaft - eine Zwischenbilanz“ ,
so die Einladung der Kölner Solidaritätsgruppe. Oliver Rast (Mitbegründer) aus Berlin berichtete, was sich getan hatte.
Etwa 20 Personen fanden sich an diesem Freitagabend im Juni im SSK- Salierring ein, um zu hören, was da so los ist bei der GG/BO, und warum es sie überhaupt gibt.

Ein breites Spektrum fand sich ein! Aus Teilen der Kölner sozialen und politischen Bewegungen, Basisgewerkschaft und Verdi, ein Vertreter der Piraten neben einer Vertreterin einer staatlich geförderten Straffälligenhilfe. Eine heterogene Ansammlung von Interessierten. Was grundsätzlich positiv ist.
Vielfalt versus Einheitsbrei!

Aus dem Vortrag, den O.R. hielt, lassen sich folgende Ziele, Erfolge, Absichten und Hindernisse der GG/BO erkennen:


Die Ziele:
  • Eine Gefangengewerkschaft muss sein, weil prekäre Arbeitsverhältnisse auch hinter Gittern an der Tagesordnung sind - u.a. Akkordarbeit.
  • In der Startphase wurde zunächst die Einbeziehung in die Rentenversicherung gefordert, mittlerweile steht die gesamte Einbeziehung in die Sozialversicherung auf der Agenda. Sinnvoll, richtig und wichtig!
  • Mindestlohn auch für inhaftierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da keine konkreten Ausschlusskriterien vom Gesetzgeber gegeben sind, setzt die GG/BO hier an.
  • Ein weiteres Ziel ist es, die volle Gewerkschaftsfreiheit auch hinter Gittern zu erreichen.
  • Versammlungsfreiheit innerhalb der Knastmauern, auch mit Unterstützerinnen und Unterstützern von außen.

Was wurde bisher erreicht? Ein hoher Organisationsgrad !

  • In 45 Knästen sind derzeit ca. 600 Personen bei der GG/BO gemeldet, wobei der Anteil der Frauen wächst, ebenso die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.
  • Ein breites mediales Interesse an der Thematik“ Arbeit hinter Gittern“.

Was ist derzeit konkret in Arbeit ?
Beabsichtigt ist es, in naher Zukunft einen Aktionstag zur Billiglöhnerei im Knast durchzuführen. Derzeit wird von der GG/BO hierzu eine Mitgliederbefragung durchgeführt, die Auskunft liefern soll, wer produzieren lässt (neben den Anstalten selbst, den Ministerien, Ford und Miele). Wie schaut es mit dem Arbeitsschutz aus?

Wird die Arbeit der GG/BO von Seiten der JVA-Leitungen behindert?
Ja! Zellenrazzien, Unterschlagung der GG/BO-Post an ihre Mitglieder, schlechte Stimmungsmache gegen die GG/BO gegenüber Nichtmitgliedern. Aber die GG/BO wehrt sich! Es laufen Verfahren gegen die rechtswidrigen Attacken der JVAs, die selbige gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern flächendeckend anzettelt.

Welche Absichten verfolgt die GG/ BO, was ist O.R. besonders wichtig?
Zunächst mit kleinen Schritten anfangen, dann weitere Ziele entwickeln. Gemeinsam entwickeln, nicht vorschreiben, dies hat bei den Gründern der GG/BO Bedeutung. Die GG/BO ist für viele Inhaftierte greifbar, eben wegen der Kampfbaustelle ARBEIT HINTER GITTERN. Davon ist die Mehrheit betroffen. Aus seiner eigenen politischen Biographie weiß er,dass radikale Forderungen oftmals in Sackgassen enden. Daher scheint - gemessen an der derzeitigen Situation der GG/BO und der kritischen Bewegungen allgemein - pragmatisches Vorgehen realistisch zu sein.
Dennoch: Solidarität, Emanzipation und Autonomie sollen auch hinter Knastmauern erkämpft werden, spürbar und lebendig sein.
Ein hochgestecktes Ziel, was schon außerhalb eines Knastes - besonders in der heutigen Zeit - schwer erreichbar ist.
Daher ist eine breite Basis von außen wichtig, um der Knastgewerkschaft Raum zur Handlungsfähigkeit und zur Entfaltung zu geben.

Wie wurde die Berichterstattung aufgenommen, wie verlief die Diskussion?
Zügig konnte O.R. seinen Beitrag nicht durchziehen. Schon bald gab es Einwürfe.
So mischten sich sein Vortrag mit Fragen aus dem Kreis der Anwesenden und Diskussionsbeiträgen
Bisweilen anregend, streckenweise nervig.
Um es vorweg zu nehmen: Es gab positive Stimmen. Aber auch Kritisches blieb zurück, was leider nicht mehr diskutiert wurde, weil O.R. recht abrupt das Ende der Veranstaltung einläutete.
Nun, die Option ohne O.R. weiter zu diskutieren war gegeben. Wurde aber nicht genutzt!

Fragen, Feststellungen und Forderungen des Abends:
Wie ist das mit der Bezahlung?
Verdeutlicht wurde von O.R:, dass es sich bei der Knastarbeit um vollwertige Arbeit handelt und nicht um eine Form der Beschäftigungstherapie. Ein Taschengeld von maximal 15 Euro täglich, damit schlicht unakzeptabel ist.
Die soziale Komponente der Arbeit im Knast wurde ebenfalls angesprochen, als Mittel der Abwechselung und wegen des Kontakts zu anderen. Nicht unerheblich! Ein Diskussionsteilnehmer wusste, wie wichtig dies ist: Er hatte an dem Projekt „Mauerfall“ mitgearbeitet, kennt die Geschichten der Inhaftierten.
Es wurde auch gefragt, wie es mit der Privatisierung von JVA's ausschaut. Dazu konnte O.R. anmerken: Ja, die Entwicklung sei erkennbar, aber er könne noch keine eindeutige Aussage treffen, wie die Auswirkungen drinnen sind.
„Warum ist ein Ex-Gefangener Sprecher der gesamten Organisation?“, so eine weitere Frage.
„Weil es unter den gegeben Umständen praktikabel ist und die GG/BO auch Mitglieder draußen hat“, so die Antwort. Als Verbindungsglied, als Sprachrohr zu verstehen, nicht als „Führer“der GG/BO.
Trotz der grundsätzlichen Kritik an Hartz IV wurde genau diese „Leistung“ von einem Anwesenden gefordert. Denn auch hinter Gittern gibt es nicht für alle Arbeit – Arbeitspflicht hin und her! Daher die Forderung. Würde sich dies, neben den andere Forderungen, durchsetzen, wären die Konsequenzen: freie Arztwahl, da krankenversichert, Ausfallzeiten bei der Rente würden angerechnet, Geld für den persönlichen Bedarf wäre da. Vermutlich Zukunftsmusik, aber durchaus diskussionswürdig!
Das Konzept Gewerkschaft wurde von einem Anwesenden grundsätzlich in Frage gestellt, da es als falscher Ansatz von Widerstand angesehen wird, eben zu reformistisch sei.
Dies waren die Kernpunkte, an denen sich die Diskussion bisweilen lebendig und kontrovers rieb.
Dann gab es aber auch Diskussionsbeiträge, die den Charakter hatten - knapp daneben, ist auch vorbei! Schade eigentlich! Aber ich, als eine aus der Kölner Unterstützungsgruppe, hatte mir eine anregende Diskussion gewünscht. Da muss ich halt auch dies akzeptieren, oder es halt stoppen. War halt insofern lästig, da es ein Zeitfresser war.

Was an dem Abend auf der Strecke blieb
Wie ist das mit dem Mitgliederstatus? Gibt es die Vollmitgliedschaft ausschließlich für die Inhaftierten?Wie sieht die Mitgliedschaft für Ehemalige aus?
Ist eine Fördermitgliedschaft für die Unterstützer und Unterstützerinnen von außen sinnvoll?
Wie viel darf aus dem Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer eingewirkt werden?
Besteht die Gefahr, dass störende Kräfte von außen auf die GG/BO Einfluss nehmen?
Auch in der Kölner Gruppe sind Fragen offen, Kritik und Bedenken bestehen: Wie viel Zentralismus steckt in der GG/BO? Ein autoritärer Stil scheint für einige erkennbar zu sein. Der Umgang mit den Massenmedien – zu populistisch? Mangelnde Transparenz! So einige Bedenken. Mehrmals die Kritik „zu reformistisch, zu liberal“! Punkte, die nicht von allen in der Kölner Gruppe so gesehen werden, aber diskutiert werden sollten und müssen - auch mit der GG/BO.

Mein persönliches Fazit:

Ich neige zu vorsichtigem Optimismus, was die Zukunft der GG/BO angeht. Ich kann die Vorwürfe nicht so richtig teilen.
Führungsanspruch und mangelnde Transparenz?
Ich sehe die begrenzten Handlungsmöglichkeiten der GG/BO. Hier ist nun mal der Aktionsrahmen begrenzt. Nach Feierabend mal eben ins Bezirksbüro der jeweiligen Gewerkschaft? Is nicht! Mal eben unter den GG/BOlern eine Versammlung einberufen? Zur Zeit wohl noch nicht greifbar! Realität ist: Zensur und Zellenrazzien !
Populistischer Umgang mit den Massenmedien? Damit ist doch die Grauzone ,Arbeitswelt hinter Gittern' in die Öffentlichkeit getragen worden, findet Beachtung, auch jenseits von dumpfen Stammtischparolen. Richtig, wichtig und gut!
Ich teile auch die Strategie, mit einem großen Bündnis von Unterstützerinnen und Unterstützern zusammen zu arbeiten. Solange Schnittmengen und Ziele vereinbar sind.
Diesen Pragmatismus gönne ich mir, ohne mich dabei verbiegen zu müssen! Ich habe auch persönlich die Erfahrung gemacht, wie unproduktiv linke Sackgassenpolitik sein kann. Eine Politik, die sich oftmals nur in einem elitären Ghetto abspielt. Ein elitäres Ghetto, in dem die Selbstbeweihräucherung wunderbar blüht und gedeiht, ebenso das Selbstmitleid und das Märtyrertum. Wie borniert! Raus aus dem Ghetto! So mein Mottto trotz Differenzen, da sein mögen/sind. Ohne Bündnispartner von außen sehe ich für die GG/BO erhebliche, zusätzliche und überflüssige Schwierigkeiten. Gewerkschaftsarbeit ist draußen schon schwierig (Gewerkschaftsfeindlichkeit, Arbeitsunrecht u.ä. ), aber hinter Knastmauern gibt ’s halt noch ein Schäufelchen oben drauf. Schikanen und Willkür hinter Gittern und einiges mehr. Die GG/BO hat auch weiterhin meine Unterstützung .
Eine Gewerkschaftsversammlung - bald auch im Knast! Mit Unterstützerinnen und Unterstützern von außen? Na, schauen wir mal...

Wie hat O.R. die Veranstaltung gefunden?
Er war wohl ganz zufrieden ! Nun, da kannte er auch noch nicht die Kritikpunkte! Schätze aber, er weiß die Kritik zu nehmen.

M.P.

Samstag, 13. Juni 2015

Veranstaltung im Juni:


Ein Jahr Gefangengewerkschaft/

Bundesweite Organisation (GG/BO)

Eine Zwischenbilanz


Der Abend soll sich u.a. mit den folgenden Aspekten befassen:

Wie alles anfing und warum
Von der Anfangseuphorie und den Erfolgen
Von Hindernissen und Misserfolgen
Und vom Stand der Dinge jetzt



Oliver Rast (Mitbegründer aus Berlin) wird berichten.

Wir, der Solidaritätskreis Köln der GG/BO, laden ein !

Ihr könnt fragen, Vorschläge machen, ermutigen,
kritisieren, diskutieren, wenn Ihr dabei seid ...




Wann? Freitag, 19.06. 2015
um 19:00 Uhr


Wo? SSK, Salierring 37, 50677 Köln

Wir freuen uns auf eine anregende Diskussion!


Und nach diesem Termin? Der GG-Solikreis trifft si
ch regelmäßig
am 3. Montag im Monat, 18 Uhr,  in der Ludolf-Camphausenstr.36




Kontakte: ggsoli-koeln@riseup.net
                und Zosamme e.V., Elsaßstr.34, 50677 Köln,
                Tel: 0221 33 18  716

Gefangengewerkschaft/Bundesweite Organisation (GG/BO).
www.gefangengewerkschaft.de,  info@gefangengewerkschaft.de

Dienstag, 5. Mai 2015

Solidarität am 1. Mai

Unterstützungsaktionen 

für die Gefangenengewerkschaft (GG/BO)

unterwegs beim Libertären 1.Mai

"Arbeitsteilung" gab es für den GG-Solikreis an diesem ersten Mai. Einige gingen mit Transparent und Redebeitrag zur Demo "Libertärer 1.Mai" (hat bisher keine Tradition in Köln, siehe http://allgemeinessyndikatkoeln.blogsport.de/2015/05/01/1-mai-libertaere-demo-in-koeln), andere mit einem Infostand zur Schlusskundgebung des DGB. Hier berichten wir über letzteres.

Als wir unseren Infostand für die  DGB-Veranstaltung anmeldeten, hatten wir kaum positive Erwartungen. Wir haben ja schon mehrere vergebliche "Aufweckversuche" in Richtung DGB-Gewerkschaften hinter uns. Wir rechneten also mit massenweise Desinteresse und offener Ablehnung.

Werbung bei der DGB-Kundgebung
Ganz so schlimm kam es dann doch nicht. Klar, die Masse der schätzungsweise 2000 BesucherInnen nahmen keine Notiz von uns. Einige betrachteten unseren Stand aus sicherer Entfernung, trauten sich aber dann nicht ran. Aber es gab auch ne Reihe von Leuten, die sich an unseren Stand „wagten“. Einige hatten schon mal vage was von der Gefangenengewerkschaft gehört. Für andere war es absolut neu. Alle, die dann zu uns an den Stand kamen und mit denen wir in teilweise intensive Gespräche kamen, reagierten grundsätzlich positiv. Dierwarteten ausgrenzenden Kommentare konnten wir nicht vernehmen.

Wir hatten eine Stellwand aufgebaut, auf der die Leute Unterstützungsunterschriften leisten oder auch kurze Kommentare anbringen konnten. 13 Leute haben auf einer Liste unterschrieben, dass sie den Aufbau der GG gut finden und unterstützen. Andere formulierten selbst was  Ermutigendes.  Insgesamt haben wir etwa mit 40 Leuten gesprochen.

Klar, das ist alles sehr bescheiden. Als Anti-Knast-Aktive sind wir es aber gewohnt, dass wir nicht „die Massen“ erreichen. Noch nicht mal innerhalb der sog. Radikalen Linken. 40 positiv gestimmte Leute ist für uns deshalb schon ein Erfolg. Wahrscheinlich hat es in anderen Städten grosse revolutionäre Aktionen gegeben. Deshalb beenden wir hier auch schon den Bericht von unserer Miniaktion. Wir werden einen langen Atem brauchen und viele mühsame Einzelgespräche führen müssen.

Einige aus dem
Solikreis Köln für die GG/BO

Samstag, 18. April 2015

Veranstaltung

Freiheitsziele und Knastwirklichkeiten

Libertäres Anti-Knast-Engagement
Tradition und heute


Mo. 20. April 2015, 19 Uhr
in der LC (Ludolf-Camphausen-Str.36)


Unser Beitrag Im Rahmen der Libertären Wochen in Köln
eine Veranstaltung unter vielen
(siehe: https://libertaerewochen.wordpress.com)

Mittwoch, 7. Januar 2015

Am Knast wird nicht gefeiert

Nachträgliches zur Silvester-Demo 2014

in der ach so liberalen Karnevalshochburg Köln


Abgebrochen haben wir die Anti-Knast-Demo vom 31.12.14 an der JVA K-Ossendorf, obwohl noch eine Kundgebung anstand. Abgebrochen, wie schon im vergangenen Jahr.  In beiden Fällen gab es Stress mit der Polizei. In beiden Fällen entfiel damit die Kontaktaufnahme mit Gefangenen in den U-Haft-Häusern der JVA. Zumindest, soweit es den Einsatz von Lautsprechern, Musik und Redebeiträgen betrifft.

Zum Hintergrund:

Seit über 2 Jahrzehnten gibt es angemeldete Silvester-Demos oder -Kundgebungen in Köln. Meistens verliefen sie ohne jegliche Probleme mit der Polizei. 2013 wurde zum ersten Mal das Abfeuern von Silvesterraketen "aus der Versammlung heraus" verboten. Und das, obwohl in der Karnevalsstadt Köln auch Silvester heftig und mit allem möglichen Klamauk gefeiert wird. Zum Beispiel sind Rheinbrücken vollgestopft mit Menschen, die das offizielle Feuerwerk sehen wollen, aber auch eigene Raketen abfeuern. In diesen "Versammlungen" stehen die Massen viel dicht gedrängter als die kleine Gruppe von 150 bis 250 Menschen, die bereit sind, sich an diesem Abend mit Gefangenen zu solidarisieren und gegen das Knastsystem zu demonstrieren. Vor der Knastmauer ist in all den Jahren ist auch kein Unfall mit Feuerwerkskörpern passiert. Trotzdem, 2013 stand das o.g. Verbot für uns überraschend in der Genehmigung.
Unser "Bündnis für Gesellschaft ohne Knäste" interpretierte das so, dass Demoteilnnehmer/innen halt etwas Abstand von den anderen nehmen sollten, z.B. eine Fahrbahnspur entfernt. So hatten wir es bei der Begrüßung auch den Versammelten verkündet. Doch dem Anmelder wurde sofort mitgeteilt, dass dies nicht die Interpretation der Polizei sei. Als dann während der Demo entlang der Knastmauer doch manche Raketen gezündet wurden, wurden wir mehrfach von der Polizei - die sich halt wie eine Horde von Kampfbullen verhielt - angehalten. Daraufhin wurden die Demoteilnehmer/innen von uns aufgefordert, ihre Raketen auf einem von Bäumen umgebenen Parkplatz etwas abseits der unbewohnten Straße abzufeuern. Aber das war wohl nur eine Ersatzbefriedigung für uns draußen. Denn die Gefangenen werden davon nichts mitbekommen haben. Dieser Ort ist zu weit entfernt vom nächstgelegenen Hafthaus. Und die in anderen Hafthäusern waren dabei sowieso außer Hör- und Sichtweite. Obwohl wir uns auf diese Notlösung eingelassen hatten, wurde uns auf dem Rückweg - die U-Haft-Häuser der Männer waren noch längst nicht erreicht - erneut der Weg versperrt. Angesichts solcher Kleinkrämerei und Willkür brachen wir damals mit Bedauern die Demo ab.

Solches sollte uns 2014 nicht wieder passieren. Wir wollten aber nicht gern auf Anmeldung verzichten, weil wir davon ausgingen, dass wir nur mit Verstärkern die Gefangenen erreichen können. Im alten Klingelpütz mitten in der Stadt war das noch anders. Da waren Sicht- und Rufkontakt möglich. Und das wurde das ganze Jahr über rege genutzt von Freund/inn/en und Familienmitgliedern der Gefangenen, sehr zum Missfallen der Knastbetreiber. Seit 1969 - mit der Inbetriebnahme des Neubaus in Ossendorf, relativ am Stadtrand - sorgte eine damals hochmoderne Isolationsarchitektur dafür, solches zu verhindern. Das ist deshalb auch ein ständiges Problem bei Solidaritätskundgebungen: Weitläufigkeit des Geländes, 18 Hafthäuser darauf verteilt, davon fast alle so niedrig, dass sie hinter der Mauer versteckt bleiben. Kein Rundgang direkt an der Mauer möglich, da dort schon Knast-Hoheitsbereich ist.. Ein "menschlicher Schutzwall" der Häuser drum herum wohnender Knastbediensteter bzw. unzugängliches Gelände in der Umgebung.

Vorbereitung für 2014:

Inhaltlich wollten wir im Demoaufruf und bei den Kundgebungen Solidarität mit der im Laufe des Jahres gegründeten Gefangenengewerkschaft GG/BO und Hinweise auf deren Existenz neben die langfristige Perspektive "Gesellschaft ohne Knäste" stellen. Denn die Selbstorganisation der Gefangenen gegen Arbeitsbedingungen und Spezialausbeutung "drinnen" erscheint uns im Hier und Jetzt als ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dabei bedarf es der die Anerkennung dieser Etappenziele bei emanzipatorischen Kräften draußen - unter Druck und mit der Zeit dann auch bei den Betreiber/inne/n des Knastsystems. Klar, das kann auch zum bloßen Reformismus werden (wie in der deutschen Arbeiterbewegung nach dem 2. Weltkrieg). Aber in allem, was sich mit emanzipativen Zielen in Bewegung setzt, steckt die Chance von weiterer Politisierung und Befreiung. Und besondere Repression ermöglicht auch besondere Radikalisierungen.

Die Organisation wird von Justiz und Politik derzeit nicht als verhandlungswürdige Gewerkschaft anerkannt. (Wen wundert das? Arbeit im Knast wird ja bewusst nicht als Lohnarbeit inszeniert. Gefangenen wird kein "Arbeitnehmerstatus" zuerkannt. Sie leisten zwecks Resozialisierung - haha! - Zwangsarbeit, die als "Arbeitspflicht" tituliert wird.)
In NRW wird die Ausbreitung der Gefangenengewerkschaft besonders offensichtlich behindert. In der JVA Willich gibt es vergleichsweise viele Mitglieder. Und der dortige Sprecher bemüht sich um Kontakte zu anderen NRW-Knästen. Doch rigide Zensurmaßnahmen entziehen dem Sprecher Informations- und Propagandamaterial, mit dem er schon gewonnene und noch zu gewinnende Mitglieder versorgen könnte. In Köln-Ossendorf dürfte deshalb trotz einiger Bemühungen die Gefangenengewerkschaft kaum bekannt sein. Dies wollten wir bei unseren Kundgebungs-Haltepunkten etwas überwinden.

Hinsichtlich des Formellen hatten wir uns trotz der schlechten Erfahrungen von 2013 vorbehaltlich für erneute Anmeldung entschieden (s.o.). Für 2014 haben wir aber ausdrücklich angegeben, dass Silvesterraketen - wie sie im ganzen Stadtbereich und im Land an diesem Tag gestattet sind - als Grüße an die Gefangenen eine der Ausdrucksformen unserer Solidarisierung sein sollen. Nach Eingang einer Reaktion wollten wir unser weiteres Vorgehen planen.
Eine erste Besprechung des Anmelders mit Zuständigen bei der Polizei zeigte deutlich den Mangel an Bereitschaft der Staatsgewalt-Täter, die Demo wie von uns vorgesehen zuzulassen. Man berief sich darauf, es sei Gesetzeslage, dass der Einsatz der Raketen "aus einer Versammlung heraus" verboten werden müsse. Auch an Silvester! Wir ersparen Euch hier die juristischen Haarspaltereien. Auf den Hinweis, dass demzufolge all die Jahre vor 2013 dem Gesetz von den Ordnungshütern nicht entsprochen worden sei, wurde geantwortet, dann habe man sich halt in all den Jahren geirrt. Es war abzusehen, dass die Angelegenheit auf einen größeren Konflikt hinauslaufen könne, falls die Polizei auf ihrer Gesetzesinterpretation bestehen bleibe. Nach der Demonstration gegen die Innenministerkonferenz, vor und bei der die Kölner Polizei gar nicht gut dastand - kam dann telefonisch eine Entwarnung aus dem Polizeipräsidium: Nach weiteren Überlegungen zum entsprechenden Gesetzestext sei man zu der Konsequenz gelangt, dass dieser auf unsere Kundgebung nicht anwendbar sei. Die Genehmigung werde kein Verbot der Silvesterraketen beinhalten. Allerdings solle zwecks Vermeidung möglicher Konfliktfälle auf verantwortlichen Umgang mit selbigen geachtet werden.

Der Silvester-Abend

Bei der Begrüßung der schätzungsweise wieder etwa 250 Teilnehmer/innen wurde - noch etwas außerhalb der Hörweite für Gefangene - das Ergebnis der Verhandlungen mitgeteilt. Verlesen wurden dann Grußworte des in Sicherungsverwahrung gefangengehaltenen Genossen Thomas Meyer-Falk, die sich besonders an die Aktiven draußen richteten. Der erste - und im Endeffekt leider einzige - Kundgebungshaltepunkt. befand sich  vom Verwaltungsbau aus betrachtet beim ersten Strafhafthaus der Frauen mit Redebeiträgen zur Arbeit im Knast und der Gefangenengewerkschaft, einem kämpferischen in spanischer Sprache, einem weiteren auf Deutsch zu den kürzlich erfolgten Verhaftungen anarchistischer Genoss/inn/en in Spanien.
An zwei weiteren Frauen-Hafthäusern zogen wir mit gemeinsam skandierten Parolen, kurzen Grußworten in verschiedenen Sprachen und Musik vorbei.
Wir verzichteten auf den sonst üblichen weiten Weg zum Männer-Strafhafthaus. Dieses ist, so weit wir wissen, derzeit kaum belegt. Nicht, weil weniger Männer eingesperrt werden, sondern wegen organisatorischer Angelegenheiten (Umbau u.ä.). Wir machten also auf der Rochusstraße (Vorderfront der Knastanlage) kehrt, um zu den nach vorne gelegenen Häusern der U-Haft-Gefangenen zu gelangen.
Wir waren noch nicht einmal  zurück an unserem Ausgangspunkt, Rektor-Klein-Straße, als wir von der Polizei blockiert wurden. Das dauerte lange. Unser Anmelder diskutierte unsichtbar für die meisten von uns an der Spitze der Demo lebhaft mit einigen Polizisten. Auf dem Demowagen waren wir desorientiert, was nun passiert ist und weiter passiert. Deshalb spielten wir nur laute Musik. Die Moderatorin sah sich nicht in der Lage, die Demoteilnehmer/innen und die Gefangenen (im nahen Frauen-Strafhaft-Haus) über die Situation zu informieren (Mea culpa, Selbstkritik, Scham über Reaktionsunfähigkeit).
Der Anmelder informierte dann, dass die Raketenabschüsse "aus der Versammlung heraus" zu beanstanden seien. Wir könnten nicht weiter, wenn das nicht unmittelbar aufhöre. Der Anmelder hatte sich aber geweigert, dieses als Aufforderung an die Demoteilnehmer/innen weiter zu geben, da die Vorverhandlungen zu einem anderen Ergebnis geführt hatten und es kein explizites Verbot gäbe. Wenn die Polizei die Rahmenbedingungen ändern wolle, erfordere das eine neue formelle Anordnung. Wir mussten noch einige Zeit auf die Einigung zwischen der Polizei vor Ort und ihrer Leitstelle warten. Dann erfolgte eine solche Anordnung. Für diesen Fall hatten wir zwischenzeitlich beschlossen die Demo aufzulösen.
Was wir noch tun konnten, war, unplanmäßig mit dem Lauti-LKW an unseren nur wenige Meter entfernten Ausgangspunkt zu fahren. Dort wollten wir denen, die in unserer Nähe blieben, noch Beiträge vortragen, die sich an die Aktiven draußen richten. Alle anderen konnten, da es ja keine Demo mehr gab, in kleinen Gruppen an den U-Haft-Häusern vorbei gehen und die Gefangenen, wenn sie wollten, mit Raketen grüßen.
Ein Teil der aufgelösten Demo blieb bei dieser Schlusskundgebung stehen. Ein Mitglied des Autonomen Knastprojekts fluchte ins Mikro, dass er auf seinen Redebeitrag verzichte, da dieser für die Gefangenen gedacht war. Eine andere vorgesehene Rednerin sagte uns Bescheid, dass auch sie auf ihre Rede über Klassenjustiz verzichte, weil auch bei dieser die Gefangenen die Adressaten waren. Verlesen wurde die Grußbotschaft von André Moussa Schmitz, dem Sprecher der Gefangenengewerkschaft in Willich und NRW. Der wäre zwar auch für die Gefangenen wichtig gewesen, hatte Solidarität einfordernd aber auch Relevanz für die Aktiven draußen. Ein Beitrag der Roten Hilfe befasste sich mit dem Rassismus deutscher Politik und Justiz, griff auch das PKK-Verbot und dessen strafrechtliche Folgen an.
Ein anderer Teil der aufgelösten Demonstration versuchte noch mit Raketen und Zurufen ohne Lautsprecher Kontakt zu U-Haft-Gefangenen herzustellen. Wie vielen dies gelungen ist, wissen wir nicht. Aber eine kleine Gruppe kam erfreut  noch mal zurück und erzählte, dass Ihre Rufe offenbar gehört worden seien, sie auch Antwort bekommen hätten. Man habe sich gegenseitig ein möglichst Gutes Neues Jahr gewünscht.

Und jetzt zum persönlichen Feiern? Oh Scheiße!

Die Polizei hatte es ziemlich offensichtlich darauf abgesehen, den Abend trotz der vorzeitigen Demoauflösung nicht nur mit der Unzufriedenheit der Beteiligten - aber ansonsten friedlich - enden zu lassen. Als die Teilnehmer/innen der Schlusskundgebung und einige von den U-Haft-Häusern Zurückgekehrte zur wenige Schritte entfernten Straßenbahn-Haltestelle strebten, waren mehrere Reihen von Polizisten in deren Nähe aufgestellt. Dann gab es ein Gerangel an einer Tür der eingefahrenen Straßenbahn. Weitere Polizisten und weitere Demoteilnehmer/innen rannten zum Ort einer offensichtlichen körperlichen Auseinandersetzung.
Die Lage war unübersichtlich. Man konnte sehen oder ahnen, dass an mehreren Stellen heimkehrwillige Demoteilnehmer von Polizei angegriffen bzw. herausgegriffen wurden. Was hatten sie „verbrochen“? Den Schal ein wenig zu weit ins Gesicht rutschen lassen? Zu normal mit Raketen gefeiert?
Am Rand dieser Auseinandersetzungen fanden wir einen Demoteilnehmer gekrümmt auf dem Boden liegend, mehrere Bullen auf ihm kniend bzw. ihn runter-drückend. Das war alles andere als sanft oder sogenannt "verhältnismäßig". Wir Umstehenden haben nur mit Worten unserer Empörung Ausdruck gegeben. Manche taten das auch mit Ironie. Für mehr.gab es auf unserer Seite kein Kräfteverhältnis. Nach einiger Zeit wurde der auf dem Boden Liegende mit Plastikhandschellen versehen und abgeführt. Weiteres konnte ich nicht genauer beobachten. Wahrscheinlich ist dem EA mehr bekannt. Anscheinend sind 3 Leute von uns in solcher Weise an der Heimfahrt gehindert.worden. Abtransportiert wurde aber meines Wissens niemand. Ein Großteil von uns hat noch gewartet, bis auch die Aufgegriffenen wieder gehen konnten. Dazu haben auch welche von uns beigetragen, die die Straßenbahn an der Abfahrt hinderten.
Die Staatsgewalt hat Vorwände gesucht, um uns Stress zu breiten. Unsere Demo war erbärmlich kurz. Und sie wurde die ganze Zeit gefilmt. Da wurde wohl Material gesammelt, um einige stigmatisieren zu können, die vielleicht Silvester feierten, wie das an allen anderen Orten in Köln möglich gewesen wäre, Sie wollten wohl ihre verquere Rechtsauffassung durchsetzen, dass so was in der Nähe der Knastmauer nicht zu dulden sei. Ich gebe zu, dass mich manche Böllerei während der wenigen Redebeiträge gestört hat. Eben weil es so schwer ist, Gefangene in Ossendorf akustisch zu erreichen. Und weil wir auch Inhalte rüber bringen wollten, nicht nur Raketengrüße. Aber gefährdet geworden ist wohl niemand. Warum sich also künstlich aufregen?

Doch aufregen!

Ja doch, aufregen müssen wir uns über die Logik der Ausgrenzung, die das Gefängnis-Unwesen beherrscht. Überall Sonderbedingungen, Verweigerung der auch nicht sehr weitreichenden Rechte in der sogenannten Demokratie draußen. Sonderbedingungen der Bestimmung des Aufenthaltsortes, Sonder-Gewaltverhältnis, Sonder-Zensur und Sonder-Beschränkungen jeglicher Kommunikation, Sonderstatus bezüglich der Arbeit, Sonderbedingungen hinsichtlich der Koalitionsfreiheit. Dazu passt im konkreten Fall  auch das Vorgehen der Kölner Polizei vor und während der Silvester-Demo: Sonderbehandlung von Menschen, die sich mit Gefangenen solidarisieren wollen. Sonderrepression gegenüber denen, die das Repressionssystem ablehnen. Naja, in anarchistisch-libertärer Tradition hören wir es mahnen: Traue nie dem Staat und seiner so genannten Ordnung!
Mit Freude haben wir gelesen, dass in Dortmund, Uelzen und in Freiburg unangemeldete Knastdemos mit ganz wenigen Teilnehmer/inne/n Kontakt zu Gefangenen herstellen konnten. Wahrscheinlich war das auch noch an mehreren anderen Orten möglich. Zugegeben wir sind auch ein wenig neidisch. Oder sind wir einfach bloß blöd?

Es lebe die legitime Selbstorganisation drinnen und draußen. 
Für Gewerkschaftsfreiheit auch im Knast, 
gegen Zensur und Kommunikationsbehinderung, 
für Demonstrationsfreiheit. 
Und natürlich für Gesellschaft ohne Ausbeutung und Knäste.