Michel
Montag, 2. Juli 2007
Vor dem Gesetz sind alle gleich
(UN Nr.6, Text 11)
Es spielen im Rahmen der Rechtssprechung eine Menge Faktoren eine Rolle.
Auch wenn es offiziell anders lautende Aussagen gibt, ist das 'Rechtssprechen' keine neutrale Angelegenheit.
Strafe trifft nicht jeden Menschen gleich. Das bestehende Rechtssystem erweckt eklatant den Eindruck, dass bestimmte Personen "über" dem Gesetz stehen, bzw. von Strafe nicht in dem Sinne betroffen sind wie andere. Das hat mit sozialem Status und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe/Klasse zu tun.
Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit macht dies besonders drastisch deutlich.
Im Jahr 2003 gab es einen Prozess gegen 6 Kölner Polizeibeamte. Beim Einsatz wegen einer Ruhestörung, eine Lappalie wie ich finde (die doch durchaus auch ohne größeren Einsatz von Polizeikräften zu lösen sein sollte!), widersetzte sich der Mann und wurde festgenommen. Während und nach der Festnahme wurde der Mann wiederholt durch Schläge und Tritte von den Beamten misshandelt. Die ihm zugeführten Verletzungen waren so stark, dass er ins Koma fiel und wenige Tage später starb. Ein Fall, bei dem das Opfer gemeinschaftlich so schwer misshandelt wird, dass es seinen Verletzungen erliegt, sollte, so könnte man annehmen, eine schwere Strafe nach sich ziehen. Gewiss hätte das Gericht dies wohl auch so gesehen, wären die Täter keine Polizeibeamten gewesen. So war es schon schwer genug, überhaupt einen Prozess gegen die Täter in Uniform anzustrengen. Diese konnten dann aber mit einer unglaublichen Milde des Gerichts rechnen.
Im Juli 2003 wurden die BeamtInnen wegen "Körperverletzung mit Todesfolge" zu Bewährungsstrafen (von 12 bis 16 Monaten) verurteilt und aus dem Polizeidienst entlassen. Das ist wohl eines der "billigsten" Urteile, die, was dieses Delikt angeht, jemals gesprochen wurden.
Im § 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) heißt es:
(1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
(2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Den Fall ausführlich zu dokumentieren, würde hier den Rahmen sprengen. Doch ist mir bis dato noch kein vergleichbarer Fall untergekommen, bei dem solch milde Urteile gesprochen wurden, sofern die Täter keine Polizeibeamten waren. Selbst bei Jugendlichen wird härter geurteilt.
Ich möchte noch kurz ein weiteres Beispiel anführen, um meine Aussage zu verdeutlichen. Gerade im Bereich der sogenannten Wirtschaftskriminalität macht sich die soziale Stellung in Bezug auf Strafe besonders deutlich. Haftstrafen findet man in diesem Bereich nur äußerst selten. Und das, obwohl der angerichtete (volkswirtschaftliche) Schaden meist enorme Dimensionen aufweisst. Ein schillerndes Beispiel ist der sogenannte "Kölner Müllskandal". Im Zuge des Baus einer neuen Müllverbrennungsanlage in Köln flossen viele Millionen €uro Schmiergeld. Die Ausmaße und Kreise, die dieser Skandal zog, waren unglaublich.
Das Landgericht Köln hatte 2 der Hauptangeklagten, Eisermann und Michelfelder, unter anderem wegen Bestechlichkeit zu Haftstrafen von drei Jahren und neun Monaten sowie zwei Jahren auf Bewährung! verurteilt. Michelfelder musste zudem 44.550 Euro Geldstrafe zahlen. Eisermann hatte vor Gericht zugegeben, als früherer Geschäftsführer des Müllofenbetreibers AVG gut 4,8 Millionen Euro aus dem Schmiergeldtopf von der Anlagenbaufirma Steinmüller kassiert zu haben. Michelfelder erhielt nach eigenen Angaben gut 510.000 Euro; der Ex-Manager von Steinmüller wurde neben der Bewährungsstrafe zur Zahlung einer Bewährungsauflage von einer Million Euro sowie einer Geldstrafe von 44.550 Euro verurteilt.
Also man braucht nun kein Genie in Sachen Kopfrechnen zu sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Männer damit ein gutes Geschäft gemacht haben. Da ist doch neben der Strafe auf Bewährung noch ein hübsches Sümmchen übriggeblieben.
Wobei wohlgemerkt fest zu halten ist, dass das Strafmaß für Delikte dieser Art prinzipiell eher einen niedrigen Level hat.
Das ganze Ausmaß des entstandenen Schadens ist sicherlich schwer zu errechnen. Doch er wird, das läßt sich unschwer erahnen, gigantisch sein.
Im Falle eines Einbrechers in Bayern vor gut 20 Jahren war es das nicht. In mehreren Einbrüchen erbeutete der Mann und seine Mittäter eine Gesamtsumme von knapp 20.000 Mark. 'Dank' eingetragener Sicherungverwahrung sitzt er bis heute seit über 20 Jahren! in Haft in der JVA Straubing.
Wie diese beiden Beispiele, stellvertretend für unzählige andere, mit sowas wie Gerechtigkeit, oder wenigstens dem vielgepriesenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang zu bringen sind, offenbart sich mir nicht!
Es muss bei der Mehrheit der Menschen ein gravierendes Gefühl der Ungleichheit, der Ungleichbehandlung entstehen. Ebenso wie bei der kaum gewahrten Verhältnismäßigkeit der gesprochenen Strafen bei den Tätern ein "Guthabengefühl" entstehen muss. Gerade bei Eigentumsdelikten ist oftmals keine Verhältnismäßigkeit gewahrt. Spätestens seit der Einführung der sogenannten 'nachträglichen Sicherungsverwahrung' ist der Willkürlichkeit Tür und Tor geöffnet.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen