Montag, 2. Juli 2007

Deutscher Herbst 2.Teil

Wann entschuldigt sich der Staat? (UN6, Text 1) Die Diskussion um die Freilassung von Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar machte eins deutlich: Diese Gesellschaft hat sich seit dem sog. Deutschen Herbst nicht positiv weiterentwickelt. Die BILD startete in schlechtester Tradition über Wochen eine Hetzkampagne wie vor dreißig Jahren. Opfer gibt es in den offiziellen Diskussionen nur auf staatstragender Seite. Die Opfer der anderen Seite und damit meine ich nicht nur die getöteten RAF-Mitglieder werden mit keinem Wort erwähnt. Die größte Opfergruppe jenes Deutschen Herbstes ist nicht mal im Bewußtsein präsent. Gemeint sind all die Gefangenen, die in den letzten dreißig Jahren Opfer der damals eingeführten Sondergesetze wurden. Zur Erinnerung es war die Zeit, als die Isolationshaft und das Kontaktsperregesetz eingeführt wurden. Unter dem Eindruck der Schleyer-Entführung wurden diese Sondergesetze von einer Großen Koalition durchgepeitscht. Die Herrschenden hielten es aus Ihrer Sicht für notwendig, die Gefangenen aus der RAF von der Außenwelt zu isolieren. Sondergesetze gegen eine Handvoll Gefangener, eine äußerst fragwürdige Veranstaltung. Natürlich lief es dann auch ganz anders. Damals sagte aber niemand der Verantwortlichen der Bevölkerung, daß Isolationshaft und Kontaktsperre "selbstverständlich" auch bei ganz normalen Gefangenen angewendet wird Egal ob Einbrecher, Autoklauer oder Bankräuber - sobald jemand aufmuckt, systemkritisch wird, kann er schnell in Isolationshaft landen. Ich selbst war als Bankräuber ein Jahr in Isolationshaft und hatte 3 Monate totale Kontaktsperre. Der Hintergrund: Wir hatten damals aus dem Knast heraus die systemkritische Anti-Knast-Zeitung HABERFELD herausgebracht. Wir machten Menschenrechtsverletzungen vor allem in der Knastpsychiatrie öffentlich. So etwas hat die totalitäre Institution Knast gar nicht gerne. So war es nicht weiter verwunderlich, daß ich mich schließlich auch in der Isolationshaft wiederfand. Die ersten drei Monate wurden durch eine totale Kontaktsperre verschärft. Das hieß im meinem Fall: Kein Radio, keine Zeitung, keine Briefe, kein Besuch. Das Ziel war klar. Es sollte verhindert werden, daß ich weiterhin kritische Öffentlichkeitsarbeit über die Gewaltinstitution Knast betreibe. Ein herrliches System, das seine Kritiker gleich noch selber mundtot machen darf. Der Traum jedes Despoten. Dreißig Jahre nach dem Deutschen Herbst sitzen mehr Gefangene als je zuvor in Isolationshaft. Viele der Gefangenen, zu denen wir als Zeitungsprojekt Kontakt haben, sind davon betroffen. Einige davon sitzen schon mehr als 10 Jahre in Isolation. Manchmal kommt es einem so vor, als sei die Isolationshaft der "Normalvollzug". In der Diskussion vor dreißig Jahren waren Isolationshaft und Kontaktsperre nur durchsetzbar, weil der Öffentlichkeit vorgegaukelt wurde, es seien nur wenige Gefangene und auch nur während einer Ausnahmesituation betroffen. Keine Rede davon, daß Isolationshaft für viele Gefangene über einen langen Zeitraum zum "Normalvollzug" wird. Wenn mensch es so sagen will, dann hat die RAF durch ihre Auflösung total abgerüstet. Jetzt wäre es aber allerhöchste Zeit, daß auch der Staat abrüstet. Ich bin allerdings nicht so naiv zu glauben, daß er dies freiwillig tun wird. Positive Veränderungen kommen nur durch starken gesellschaftlichen Druck zustande. Diesen zu erzeugen wird unsere Aufgabe sein.
Gerhard
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Ohne Kommentar

(UN 6, Text 2) Bei genauerer Überprüfung ist festzustellen, dass die Neonazis mehr Menschen auf dem Gewissen haben, als die RAF. Aber niemand spricht von diesen Toten und Verletzten. Waren ja alles "Penner" (die verbrannt und totgeprügelt wurden), "linke Zecken" und Ausländer. Also alles Leute, die anscheindend - nach "Volkeswille" - in diesem System nichts zählen. Es erstaunt mich nicht, dass in einem Bundesland, wo ein Nazikriegsverbrecher mal Ministerpräsident war, nun wieder das Geschrei um Rache und Sühne umhergeht. Christian Klar wird als Gallionsfigur hervorgezaubert um den künftigen Strafvollzug zu gestalten: Lebenslang bis zum Tode.
Roland Schwarzenberger
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Klar-bashing - Neuer Volkssport!

Über den Umgang mit Christian Klar (RAF) (UN6, Text 3) "Was gleicht wohl auf Erden dem Jägervergnügen", so heißt es in "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber; und (Menschen) Jäger in Politik und Medienwelt sind unterwegs. Seit einigen Tagen versuchen sich Politiker und Medien zu überbieten, wenn es darum geht, eine Freilassung, ja selbst die Gewährung von Vollzugslockerungen (wie Ausgang, Offener Vollzug, u.ä.), für den in der JVABruchsal inhaftierten Christian Klar zu be-, zu verhindern. Von BILD ("Christian Klar hetzt aus dem Knast") ist man nichts anderes gewohnt, auch "Die Zeit" (Ausgabe Nr. 10, 1. März 2007) diagnostiziert aus Hamburger Ferne, Klar sei weder einsichtig, noch habe er eine eindeutige Absage an Gewalt von sich hören lassen. Die Kampagne löste eine von ARD-report zur Enthüllung hochstilisierte Vorabmeldung über einen angeblich erst im Februar 2007 bekannt gewordenen Brief Christian Klars aus, obwohl diesen - es handelte sich um ein Grußwort an die im Januar 2007 stattgefundene "Rosa-Luxemburg-Konferenz" (Berlin) - jeder Interessierte schon Wochen vorher in der Tageszeitung "jungen Welt" und im "Gefangenen-Info" hätte nachlesen können. CSU-Generalsekretär Söder forderte spontan die Verwahrung Christian Klars bis zu dessen Tod; Beckstein (designierter bayerischer Ministerpräsident) sprach von einem unverbesserlichen Terroristen und auch der FDP- Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Guido Westerwelle war empört. Der baden-württembergische Justizminister, Prof. Dr. Ulrich Goll (FDP) ist der Einzige der sich echauffierenden Politiker, der unmittelbar Klars Vollzugsalltag beeinflussen kann - und offenbar auch beeinflusst hat. War für den 27.2.07 eigentlich geplant, in einer Vollzugsplankonferenz dem Gefangenen Klar eine Möglichkeit einzuräumen, die Freiheit nach 25 Jahren Haft zumindest stundenweise (z.B. Ausgänge, Offener Vollzug) zu "genießen", wieder kennen zu lernen, so stoppte Goll dies. Die taz (http://www.taz.de) titelte daraufhin am 1.3.2007 auf Seite 1: "Das Schweinesystem schlägt zurück". Goll will nun ein zweites Gutachten in Auftrag geben (lassen), ihm genügt jenes des renommierten Kriminologen Kury, der Christian Klar eine positive Sozialprognose attestierte, nicht mehr. Das Grußwort, so der Minister, habe "eine neue Situation" ergeben (Zitat nach taz, 1.3.07, S. 2). FDP-Parteikollege Westerwelle assistierte, die Gewährung von Vollzugslockerungen müsse von einer positiven Haltung Klars zur Grundordnung der BRD abhängig gemacht werden. Etwa jener "Grundordnung", die Goll am 26.2.07 veranlasste, in einem Radiointerview mit dem SWR festzustellen, er verstehe unter Rechtsstaat, dass auch Menschen in Haft gehalten würden, die fälschlich als "gefährlich"eingestuft wurden!? Die Versuche, Christian Klar zu pathologisieren, sind ebenfalls überdeutlich: Da wird sein Grußwort als "wirre Rede" (Süddeutsche Zeitung, im Feuilleton vom 1.3.07) abqualifiziert, gerüchteweise gestreut, der Gutachter Kury habe Klar als "intellektuell verlangsamt" erlebt. Wer sich die Mühe macht, das inkriminierte Grußwort selbst zu lesen, findet dort eine realistische Einschätzung der aktuellen Lage Lateinamerikas ebenso, wie eine - völlig berechtigte - Kritik an den Angriffskriegen, und einen Ausblick nach Vorne, in eine Welt, in der das Kapital nicht (mehr) die Mehrheit der Erdbevölkerung im Würgegriff hält.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117 Schönbornstr. 32 D-76646 Bruchsal http://www-freedom-for-thomas.de
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Die ärztliche Betreuung im Strafvollzug

(UN6, Text 4) Eine Betreuung, die fast zum Herzinfarkttod führt. Ich bin ein Beispiel dafür. Bei mir wurde von der Ärztin ein Magenleiden diagnostiziert und festgestellt.. Aus Spargründen wurde ein sehr wichtiges Medikament abbestellt und nur durch Zufall stellte sich dann heraus, ich stand vor einem Herzinfarkt. Demnächst werden mir Plastikteile um das Herz herum gebaut. Auf Magenleiden behandelt, obwohl ich herzkrank bin. Soviel zur Kompetenz der Ärztin und dem Willen im Vollzug zu sparen.
Roland Schwarzenberger JVA Bruchsal
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

K Ö L N - sicherste Stadt der BRD ?!?

Utopie oder Wahnsinn? (UN6, Text 5) Anfang 2006 ließ Kölns PP Steffenhagen großkotzig verlauten, unsere Stadt zum Jahresende zu einer der sichersten Städte bzw. bis 2010 zur sichersten Stadt der BRD zu machen. Diese Worte aus dem Munde eines Polizeipräsidenten, welcher für seine Nähe zur SPD-Politik durchaus bekannt ist. Wäre er der schwarzen Schafe Nähe treu verbunden (CSU/CDU), könnte dies sicher noch der eine oder andere verstehen. Doch leider wird hier tatsächlich knallhart, mit äußerst verstärkter Polizei-Gewalt gegen geringste ungesetzliche Handlungen vorgegangen; ein Beispiel war vor ca. 14 Tagen die Fahrausweiskontrolle, Samstag abends gegen 22.00 Uhr. Mit 4-köpfiger Polizeieskorte stiegen 3 Kontrolleure an der Venloer Straße in die Linie 4 stadtauswärts ein. Während die Ausweise kontrolliert wurden, versperrten die Polizisten die Türen, quetschten einen Fahrgast, der wohl gerne geflohen wäre, mit dem Gesicht gegen die Scheibe, bis dieser durchsucht und mit einigen unschönen Befehlen zur Ruhe gezwungen wurde, um die Personalien aufzunehmen. Jeder konnte erkennen, dass dieser Fahrgast mit Sicherheit unter dem Existenzminimum leben würde, evtl. sogar obdachlos sein könnte, doch ist er kriminell, ein Parasit, ein Schmarotzer oder wie die Herr-/Damenschaften unserer vorbildlich korrekten Politiker, Pro-Köln-Anhänger, Spießbürger etc. so nett behaupten. Jetzt möchte ich mal an Euch alle appellieren: Ist in unserer Zeit des Euro's nicht alles doppelt, fast dreimal so teuer geworden, als früher? Hast nicht auch Du schon hie und da mal den Gedanken gehabt oder gar ausgeübt unseren Staat oder andere zu besch..., etc.? - Wenn's auch "nur" die Steuererklärung war, wenn's auch nur ein getunter Bewirtungskostenbeleg war, der dann der Reisekostenabrechnung beigefügt wird, wenn's auch nur mal 5 Minuten im absoluten Halteverbot das Parken war, wenn's auch nur der Bleistift für 10 Cent aus dem Büro war, der jetzt zu Hause liegt ...? Es gibt niemanden unter uns, der/die in seinem Leben nichts unrechtes getan hat, vor allem dann nicht, so bald es ihm/ihr wirtschaftlich "schlechter" geht, das betrifft insbesondere diejenigen, welche nun statt 19300 € nur noch 18900 € verdienen. Und genau die sind es, die auf dem kleinen Schwarzfahrer, dem kleinen Ladendieb -der nur 1 Laib Brot mitnimmt- herumhacken! Bevor nur eine/r von uns sich über das "Schlechte" des anderen aufregt, sollte er/sie zuerst bei sich selbst sehen, was zur Besserung unserer Gesellschaft beigetragen werden kann. Es gibt da auch eine ganze Menge Menschen, die auf der Straße versuchen ihre Brötchen zu verdienen! Auch Du kannst sicher mal 50 Cent oder 1 Euro entbehren um die sogenannte Kriminalität zu senken, das ist jedenfalls billiger, als verstärkte Polizeieinsätze! Ich wünsche mir, dass auch unser gütiger Polizeipräsident Steffenhagen die Gelegenheit erhält, sich diesen Artikel zu Gemüte zu ziehen und somit positivere Entscheidungen für die kommunale Sicherheit treffen wird.
Merlin
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Christlicher Fundamentalismus im Knast - eine neue Offensive?

(UN6, Text 6) Bundesweite Bekanntschaft errang die habilitierte Theologin Annette Schavan (ehemals Kultusministerin in Stuttgart, heute Bundesministerin für Bildung) mit ihrer Verfolgung muslimischer Lehrerinnen, welche nur mit Kopftuch auf den Haaren unterrichten wollten. Diese wurden - auf Weisung Schavans - in Baden-Württemberg mit einem faktischen Berufsverbot belegt; dass es dafür nicht einmal eine gesetzliche Grundlage gab - diese musste erst das Bundesverfassungsgericht einfordern - scherte die katholische Fundamentalistin Schavan nicht. Aber auch über den Schulsektor hinaus wird eifrig auf zwangsweise unter Kontrolle des Staates stehende Bürgerinnen und Bürger Einfluss genommen; diesmal im baden-württembergischen Strafvollzug. So verteilten die Wärter Mitte März 2007 im Auftrag des evangelischen Anstaltspfarrers, sowie sechs Gefangener ein Faltblatt, welches diese vorgenannten Inhaftierten verfasst hatten, an alle Mitgefangenen der Bruchsaler Haftanstalt. Dort heißt es: "Wer von uns will nicht gesund sein? Frei von allen Ängsten und Süchten? (...) Wer Jesus annimmt, der weiß, dass er immer bei ihm ist (...)." Man wird aufgefordert, den aufgedruckten "Gebetsgutschein" auszufüllen, seine - Zitat - "Sorgen, Nöte, Krankheit" zu notieren, um sodann den "Gutschein" über den Anstaltspfarrer Vogel an die oben erwähnten Gefangenen weiterleiten zu lassen, welche sodann - Zitat - "für Dich beten und deine Sorgen vor Gott bringen" würden. Nun, so ein Blatt Papier ist rasch entsorgt; wesentlich bedenklicher erscheint die Tatsache, dass künftig im Bereich Jungendstrafvollzug in Baden-Württemberg augenscheinlich christliche Missionierung im Jugendstrafvollzugs-Gesetz vorgeschrieben sein wird. Wenn nämlich in § 22, Abs. 2, dort ist das "Erziehungskonzept" geregelt, festgelegt wird, dass die jungen Gefangenen in der "Ehrfurcht vor Gott", sowie im "Geist der christlichen Nächstenliebe" zu erziehen seien (nebenbei: Den Gefangenen soll auch die "Liebe zu Volk und Heimat" eingetrichtert werden, aber dies wäre ein anderes Thema). Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist im Internet zugänglich (http://www.justiz.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1204457/Entwurf Während einerseits der SPIEGEL (Ausgabe vom 26.3.07) in einer Titelgeschichte vor der angeblichen "Islamisierung" Deutschlands warnt und gegen Muslime agitiert, bahnen staatliche Stellen, durch praktische Unterstützung ebenso wie durch entsprechende Gesetze einer christlichen (Zwangs)Missionierung den Weg. Wie sollen 14, 15, 16-jährige junge Menschen, die plötzlich in Haft sitzen, sich der christlichen Indoktrination entziehen, zumal sie Nachteile realer, vielleicht auch eingebildetster Art befürchten müssen, wenn sie nicht mit "Ehrfurcht vor Gott" reagieren, sich der "christlichen Nächstenliebe" (in deren Namen jemand wie US-Präsident Bush jr. im Irak einmaschierte und für zahlloses Leid verantwortlich zeichnet) nicht beugen wollen?! Wie sollen es muslimische Jugendliche verstehen, wenn die (Re-)Christianisierung zum "Erziehungskonzept" geadelt wird? Und wie sollen es "ungläubige" Jugendliche verstehen?
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal http://www.freedom-for-thomas.de
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Sicherungsverwahrung - neue Verschärfung geplant!

(UN 6, Text 7) Aktuell wird - mal wieder - für eine Verschärfung des Instituts der Sicherungsverwahrung (SV) plädiert, allen voran von Seiten der Bundesjustizministerin Zypries, seitens Bayern, aber auch des baden-württembergischen Justizministers Goll. Die SV wurde 1933 von den Nationalsozialisten in das Strafgesetzbuch zwecks "Unschädlichmachung" von sogenannten "Gewohnheitsverbrechern" aufgenommen. Nach 1949 schaffte die DDR die SV ab, da sie nationalsozialistischen Ursprungs sei, wohingegen die BRD solche Bedenken nicht hatte und viele hundert Menschen in SV sperrte, sofern der Angeklagte einen "Hang zu erheblichen Straftaten" (§ 66 Absatz 1 Ziffer 3 Strafgesetzbuch) hatte, aufgrund dessen er "für die Allgemeinheit gefährlich" war. Die Zahl der Verwahrten sank Anfang der 90'er Jahre auf unter 200, um seitdem Jahr für Jahr anzusteigen, in Kürze wird die Anzahl der Verwahrten die 400'er-Marke übersteigen, d.h. die Zahl hat sich verdoppelt. Und dies, obwohl die Kriminalitätsstatistik einen Rückgang der Kriminalität belegt. Nunmehr sollen auch Jugendliche mit der (nachträglichen) SV Bekanntschaft machen. Wer nach Ansicht Zypries' 7 Jahre Jugendstrafe verbüßt hat (Bayern und die CDU fordern die Grenze bei 5 Jahren Jugendstrafe zu ziehen) und als "gefährlich" gilt, soll nachträglich von einem Gericht zu lebenslanger (!) SV verurteilt werden können, ja verurteilt werden müssen. Eine Stimme aus der Stuttgarter Provinz, der FDP-Minister Goll, gab in einem Interview mit dem SWR (27.2.2007) zum Besten, er sperre lieber jemanden ein, der fälschlicherweise für gefährlich gehalten werde, als jemanden, der tatsächlich rückfällig wird, laufen zu lassen. Denn, so der Minister weiter, schließlich lebten wir in einem Rechtsstaat. In einem solchen sei es nicht nachvollziehbar, gefährliche Gefangene auf freien Fuß zu setzen. Auf die Frage des Journalisten, ob ihm denn aus Baden-Württemberg Fälle von Jugendlichen, die nach langer Strafe freikamen, um dann gravierend rückfällig zu werden, bekannt seien, flüchtete Goll sich in die Aussage, es habe solche "Einzelfälle bestimmt gegeben", konnte aber keinen einzigen anführen. Die Rechtssprechung nimmt einen schweren wirtschaftlichen Schaden, der bei einem "Hang zur Begehung von Straftaten" die lebenslange SV rechtfertige schon bei Beträgen von 2000 bis 5000 Euro an, z.b. bei serienweisen KFZ-Einbrüchen, bei stark wertmindernder Benutzung von betrügerisch erlangten Kraftfahrzeugen u.ä. Gutachter entscheiden letztlich, ob ein Mensch als gefährlich oder ungefährlich eingeschätzt wird, und die Richter übernehmen deren Ergebnisse in aller Regel kritiklos. Erst vor wenigen Wochen las ich ein solches Prognosegutachten, welches ein Psychater über einen wegen Einbrüchen nun seit acht Jahren in SV sitzenden Verwahrten abgegeben hatte. Der Herr Sachverständige mokierte sich darüber, dass der Proband sich nicht ordentlich von ihm verabschiedet, mithin die üblichen Regeln der Höflichkeit verletzt habe. Welche Diagnoseinstrumente oder Kriterien der Gutachter einsetzte, blieb ebenso schleierhaft. Zugegebenermaßen machte es der Gefangene dem Gutachter nicht gerade leicht; vielmehr konfrontierte dieser den Psychiater mit dem Vorwurf, falsche Gutachten abzugeben (also Inhaftierten z.B. zu Unrecht eine Gefährlichkeit zu attestieren). Der Sachverständige nahm, dies ließ sich seinen Ausführungen ohne weiteres entnehmen, dies recht persönlich. Sicher gibt es auch professioneller arbeitende Gutachter, aber letztlich betreiben sie Kaffeesatzleserei auf akademischem Niveau, dann das künftige Verhalten eines Menschen aufgrund seines langjährigen Lebens in Haft in die Zukunft zu extrapolieren, ist schlechterdings nicht möglich. Wie wollen Gutachter also einem jungen Menschen, der einige Jahre in einer Jugendstrafanstalt einsaß, ernsthaft bescheinigen, er sei allgemeingefährlich und müsse deshalb lebenslang in SV? Der Deutsche Richterbund, sonst nicht für laute Kritik bekannt (dessen vormaliger Vorsitzender und heutige sächsische Justizminister Mackenroth äußerte beispielsweise Verständnis für den Folter einsetzenden stv. Polizeipräsidenten Daschner, Frankfurt a. Main), kommentierte die Forderungen der Bundesjustizministerin Zypries als "reinen Populismus" (Interview im SWR vom 26.2.07). Es ist jedoch absehbar, dass Zypries, Goll und Co. sich durchsetzen werden, mit der Folge noch ausgeprägterer Perspektivlosigkeit für die Inhaftierten. Denn schon jetzt wird enormer psychischer Druck auf diese mit der Drohung, man wäre ein Kandidat für die nachträgliche SV, ausgeübt. Die "Sicherheit" der Bevölkerung wird durch solche Gesetze kein Jota verbessert, aber es wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um künftig jede mißliebige Person nach Gutdünken hinter Gefängnismauern verschwinden lassen zu können - rein RECHTSstaatlich natürlich.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117, Schönbornstr. 32, D-76646 Bruchsal http://www.freedom-for-thomas.de
Unbequeme Nachrichten, Nr.6, Mitte 2007

Sicherungsverwahrung 2007 - über einen Einzelfall der exemplarisch ist

(UN Nr.6., Text 8) In der Presse wird gerne - unterstützt von Politikern - das Bild gezeichnet, in der Sicherheitsverwahrung (SV) wären die "Gefährlichsten der Gefährlichen" untergebracht, zum Schutze der Gesellschaft von an Sodom und Gomorrha erinnernde Zustände. Eine kritische Reflexion des von den Nationalsozialisten 1933 in das Strafrecht aufgenommenen Instituts der SV, findet so gut wie nicht statt. Ganz offen sprach ein (juristischer) Sachverständiger erst im März 2007 gegenüber dem Rechtsausschuss des deutschen Bundestages, im Rahmen geplanter (und zwischenzeitlich beschlossener) Verschärfungen der SV-Gesetze von -Zitat- "Unschädlichmachung" von Verbrechern. Das ist die Diktion wie sie 1933 auch seitens der NS-Politiker gebraucht wurde. Heute möchte ich gerne Ralf Schüler vorstellen (er ist mit seiner Namensnennung einverstanden), nunmehr ununterbrochen 22 Jahre im Gefängnis, davon seit dem 1. April 1999 in SV. Geboren 1963, verbrachte er mehr als die Hälfte seines Lebens erst in Heimen und seit dem Jugendalter in Gefängnissen. Zuletzt wurde er 1994 vom Landgericht Mannheim wegen Einbruch-Diebstahls in 17 Fällen und wegen versuchten Diebstahls in 3 Fällen zu 5 Jahren Haft verurteilt, außerdem wurde die sich daran anschließende Unterbringung in der SV angeordnet. Mit Beschluss vom 16.03.2007 (Az: 15 StVK 527/06 BR) lehnte das Landesgericht Karlsruhe die Freilassung von Herrn Schüler ab, da er erst langfristiger Therapie bedürfe. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, so die Richter lapidar, sei gewahrt. Anwaltlich "vertreten" wurde er von dem Bruchsaler Rechtsanwalt Jürgen Wedler; dieser hatte es nicht für notwendig erachtet, Herrn Schüler vor der mündlichen Anhörung im Gericht in der JVA zu besuchen. Vielmehr schrieb er ihm in einem knapp gehaltenen Brief, er - Schüler - solle ich melden, wenn er denn ein Gespräch wünsche. Ein Pflichtverteidiger der sich schon so vorstellt, gibt sein Desinteresse deutlich zu erkennen und Ralf reagierte erst gar nicht auf das Anschreiben. Schülers Strategie, mit der er hofft doch noch seine Freilassung zu erreichen besteht darin, Angehörige von Opfern von Sexualstraftaten ( bspw. Die Eltern von "Carolin" oder "Stefanie") anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass die Justiz mit Bedacht gefährliche Sexualtäter entlasse, um so Gesetzesverschärfungen leichter durchsetzen zu können, im Angesicht der Wirkmächtigkeit kindlicher Opfer. Mit der Folge, dass Menschen wie er selbst leichter, und vor allem dauerhaft, verwahrt werden können. Er weist auch auf eine seiner Ansicht nach bestehende "Gutachterindustrie" hin: die Justiz finanziere psychiatrische Sachverständige, welche dann mit den sie beauftragenden Gerichten so eng kooperierten, dass keine Chance einer realistischen und objektiven Beurteilung bestehe, da die Gutachter ihre üppig sprudelnden Einkommensquellen nicht verlieren wollten. Dies alles, so Schüler weiter, diene letztlich dem weiteren Ausbau der Gefängnisindustrie, d.h. trotz seit Jahren sinkender Kriminalitätsrate, eine Explosion der Gefangenenzahlen, ein Ausbau von Anstalten, zunehmend auch durch Privatisierungen ( z.B. die 2009 in Offenburg in Betrieb gehende neue JVA). Unermüdlich schreibt er neben Opferangehörigen auch sonstige Privatpersonen und Einrichtungen wie Kindergärten an, in der Hoffung man werde seitens der Justiz seiner überdrüssig. Den Medien weist er eine erhebliche Mitschuld zu; diese berichte zwar exzessiv über spektakuläre Einzeltaten, aber warum berichte sie nicht auch darüber, dass so gut nie jemand der früher nach 10 Jahren SV entlassen wurde rückfällig wurde? Dazu muss man wissen, dass gem. § 67 d StGB bis 1998 die SV - im Falle der ehemaligen Anordnung - auf 10 Jahre begrenzt war. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts, wie auch der Gutachter Dr. Schramm nahmen die Vorwürfe von Herrn Schüler ersichtlich übel. Der keine ganz vier Seiten umfassende Beschluss des Gerichts ( und davon muss man S. 1 mit dem großen Wappen des Landes und Namensnennung, sowie S. 2 mit Präliminarien abziehen; so dass faktisch die eigene Begründung des Gerichts ca. 1-DIN-A4 Seite beansprucht ) ist mit der Vokabel "dürftig" noch freundlich beschrieben. Hier geht es um das Leben, die Freiheit eines wegen einiger Diebstähle inhaftierten Menschen, der nach 22 Jahren ununterbrochener Inhaftierung -zugegebenermaßen- verbittert ist. Dass er die letzten Einbruchdiebstähle Anfang der 90'er Jahre aus dem offenen Vollzug heraus begangen hat, nun ja ... aber dafür büßt er nun schon über 13 Jahre (5 Jahre Freiheitsstrafe, 8 Jahre SV). Da er in seiner Jugendzeit mit ungeladener Waffe eine Bank überfiel, wird ihm wohl heute insoweit zum Verhängnis, als das er mit lebenslanger Verwahrung in der SV rechnen muss. Wegen 17 Diebstählen lebenslange Haft - das ist die Realität in Deutschland im 21. Jahrhundert!
Thomas Meyer-Falk c/o JVA - Z. 3117 Schönbornstrasse 32 76646 Bruchsal http://www.freedom-for-thomas.de
Unbequeme Nachrichten Nr.6, Mitte 2007

Droht politischem Aktivisten die Psychiatrisierung?

(UN Nr.6, Text 9) "Hier soll versucht werden, einen gut vorbereitenden Angeklagtem, der seine Verteidigungsrechte offensiv wahrnimmt, per psychiatrischer Diagnose auszuschalten." Am Montag, dem 19. März 2007 sollte vor dem Landgericht Tiergarten die Berufsverhandlung gegen einen politischen Aktivisten stattfinden, der auf einer Demonstration gegen Studiengebühren einen Polizisten beleidigt haben soll. Ohne dass es überhaupt zum Aufruf der Sache kam, endete die Verhandlung mit einem Eklat: Richter Kiworr ordnete an, die Verhandlung auszusetzen und den Angeklagten aus medizinisch-psychiatrischer Sicht auf Verhandlungsfähigkeit zu untersuchen. Der Betroffene und unabhängige ProzessbeobachterInnen sprechen von dem Versuch, politischen Protest und offensive Verteidigung mit Psychiatrisierung zu ersticken. Hintergrund Am 27. August 2006 nahm der E. Schönberg in Berlin an einer von maßgeblich von StudentInnen getragenen Demonstration mit dem Motto "Das Leben ist kein Ponyhof!" teil. Dabei soll er den Polizeibeamten Ponikau mit den Worten "Kamera!Arschloch!" beleidigt haben. In erster Instanz wurde er vor dem Amtsgericht Tiergarten (Berlin) zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen hatte er Berufung eingelegt. Hauptverhandlung am 19. März 2007 Der sich selbst verteidigende Angeklagte versuchte zu Beginn, einen Antrag auf Akteneinsicht - verbunden mit einem Aussetzungsantrag - zu stellen. Mehrfach hatte er dies bereits im Vorfeld der Verhandlungen beantragt - ohne Reaktion seitens des Gerichts, obwohl die Strafprozessordnung eindeutig die Möglichkeit vorsieht, Angeklagten ohne Wahl- oder Pflichtverteidiger Zugang zu den Akten zu ermöglichen. Zunächst wollte Ulrich Kiworr - der Vorsitzende der kleinen Strafkammer 74 - nicht einmal das Stellen des Antrages zulassen. Dabei drohte er dem selbstbewusst auftretenden Angeklagten Ordnungshaft oder dem Ausschluss von der Verhandlung an. Nachdem Schönberg sich durchsetzen konnte und den Antrag formuliert hatte, wurde dieser vom Gericht zurückgestellt. In einer längeren Sitzungspause versuchte Kiworr anschließend, den Angeklagten dazu zu überreden, keine weiteren Anträge zu stellen. "Bereits dieser Umstand zeigt, dass der Vorsitzende offensichtlich kein Interesse daran hatte, dass das Recht auf Verteidigung effektiv wahrgenommen wird", folgert Patrick Neuhaus, der als unabhängiger Prozessbeobachter an der öffentlichen Verhandlung teilgenommen hatte. Nach einer zweiten Sitzungsunterbrechung verfügte Kiworr die Aussetzung der Hautpverhandlung. Außerdem ordnete er an, den Angeklagten medizinisch darauf untersuchen zu lassen, ob dieser überhaupt verhandlungsfähig ist. "Der Vorsitzende versucht mutmaßlich, mich über eine medizinische Diagnose für unzurechnungsfähig zu erklären", erklärt der Angeklagte. Unabhängiger ProzessbeobachterInnen werfen Kiworr nun vor, seine Macht gezielt einzusetzen, um einen sich offensiv verteidigenden Angeklagten mundtot zu machen. "Offenbar ist Richter Kiworr es gewöhnt, dass sich Menschen seiner Macht und kaum angreifbaren Stellung beugen", erklärt Patrick Neuhaus. Zwar seien Justizstrukturen grundsätzlich autoritär ausgelegt, die Entscheidung Kiworrs stelle aber eine besondere Zuspitzung dar: "Psychiatrisierung ist ein besonders umfassender Entzug der Möglichkeit, Selbstbestimmung über das eigene Leben auszuüben." Der konkrete Fall zeige aber auch, das psychiatrische Mittel nicht von medizinischen, sondern politischen Interessen bestimmt seien: "Hier soll versucht werden, einen gut vorbereiteten Angeklagten, der seine Verteidigungsrechte offensiv wahrnimmt, per psychiatrischer Diagnose auszuschalten."
Kontakt zu dem Betroffenen Tel. 0172-3208587 keinponyhof@gmx.net
Unbequeme Nachrichten Nr.6, Mitte 2007

Getroffene Hunde bellen

oder: Strafanzeige mit Folgen (UN Nr.6, Text 10) Wie politische Staatsbeamte in diesem Lande auf empörtes und entsetztes Verhalten normaler Menschen reagieren, kann als ein weiteres Lehrbeispiel wieder einmal in diesen Tagen anschaulich betrachtet werden. Der Fall: Der 60-jährige Bernd Bruns aus Düsseldorf, in den frühen achtziger Jahren Bundestagskandidat der alten grünen Partei, sieht sich derzeit durch den Kölner Polizeipräsidenten Klaus J. Steffenhagen juristisch bedroht. Der hat gegen Bruns eine Strafanzeige gestellt. Hintergrund ist der Fall des Fliesenlegers Josef Hoss in Siegburg, der am 8. Dezember des Jahres 2000 von einer 16-köpfigen SEK-Einheit der Kölner Polizei äußerst brutal zusammengeschlagen worden war. Das Opfer hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Bevor Hoss Opfer der staatlichen Terror-Attacke wurde, hatte er Streit mit Nachbarn. Diese verleumdeten ihn und hetzten die Polizei auf ihn. Sie setzten das Gerücht in die Welt, Hoss sei gefährlich, besäße Handgranaten und so weiter. 16 SEK-Schläger durchsuchten sein Haus und nahmen ihn fest. Da saß er gerade in seinem Wagen vor dem Haus. Im ARD-Magazin "Monitor", welches über den Fall berichtete, sagt das Gewaltopfer, das zur Zeit des Überfalls 54 Jahre alt war und mitten im beruflichen Leben stand: "Dann kamen hinten acht Mann raus gelaufen, von vorne und dann haben sie die Scheiben eingeschlagen und haben mich mit nem Gummiknüppel traktiert, die Brust kaputtgeschlagen und ins Gesicht und haben mich dann auf die Straße geschmissen, und dann haben sie mich gefesselt mit drei, vier Mann ... das ganze Gelenk oben, das knackte alles. Und dann haben sie mir Handfesseln angelegt. Und wie ich gefesselt mit dem Gesicht auf dem Pflaster lag, dann habe ich noch einen Riesentritt gekriegt, rechts in die Rippen und einer ist mir in den Rücken gesprungen oder hat getreten mit einem Kampfstiefel. Und dann habe ich das Bewusstsein verloren." Die Bilanz des Einsatzes: Josef Hoss hatte keine einzige Handgranate. Ein Mensch, der sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, wurde von der Polizei arbeitsunfähig geprügelt. In der Folge musste er seine Firma auflösen, das Haus verkaufen und ist heute schwer behindert. Er ist ein Wrack. Das Strafverfahren gegen die Kölner SEK-Beamten wurde eingestellt. Die Beamten litten anscheinend unter Amnesie. Keiner konnte sich so richtig daran erinnern, was sie mit ihrem Opfer veranstaltet hatten. Eine Zeugenaussage aus dem Verfahren gegen das SEK: "Bei einem Einsatz am 8.12.2000, also der Fall Hoss in Siegburg, wurde die festzunehmende Person von Polizeikommissar S. grundlos zusammengeschlagen. Polizeihauptkommissar M. sorgte wider besseres Wissen dafür, dass die Maßnahmen von allen beteiligten Beamten des SEK als rechtmäßig dargestellt wurden." Seit fünf Jahren wartet Josef Hoss auf Gerechtigkeit. Das Land NRW ist jetzt Prozessgegner. Er ist fast mittellos. Seine Frau kann die Medikamente für ihn nicht mehr bezahlen, er braucht Psychopharmaka. Das Motto des Kölner SEK-Kommandoführers aus einer Vernehmung: "Es gibt keine falschen Maßnahmen, es gibt nur falsche Begründungen." Dazu noch Fragen? Kölns Polizeipräsident K.J. Steffenhagen zu dem Fall: "Wir haben dann geprüft, ob es einen disziplinarrechtlichen Überhang gegeben hat. Den hat es für uns nicht gegeben. Insofern gab es für uns aus strafrechtlicher und disziplinarrechtlicher Sicht nach dem Fall Hoss keine beamtenrechtliches Maßnahmen der eingesetzten Beamten." Passiert, erledigt. Nicht weiter schlimm. Josef Hoss erstattete Anzeige wegen Misshandlung, die Staatsanwaltschaft Bonn stellte im Juni 2003 den Fall ein. Begründung: Die Beweislage sei unzureichend. Für den Staat ist der Fall damit erledigt. Nicht so für Bernd Bruns und für Amnesty International. Amnesty hat den Fall Hoss und zahlreiche weitere Fälle dokumentiert und unter dem Titel "Erneut im Fokus" im Januar 2004 veröffentlicht. Zu Grunde liegen diesem Deutschland-Bericht eine Vielzahl solcher Vorfälle, begangen durch deutsche PolizistInnen. Für Bruns, der noch am gleichen Abend nach der Ausstrahlung der "Monitor"-Sendung "empört und entsetzt" (Bruns) eine Beschwerde online an die Polizei NRW abgeschickt hatte, stellt dieser Vorfall, neben weiteren, nicht nur "einen evidenten Rechtsbruch des Grundsatzes von der gebotenen ‚Verhältnismäßigkeit staatlich eingesetzter Mittel'" dar. Aus seinem Schreiben an die Polizei: "Ihr allerhöchst‚ ehrenwerter' Polizeipräsident und ehemaliger Funktionär der Polizeigewerkschaft GdP agiert dem gegenüber in unerträglicher Weise als Verbrecher im Staatsdienst, indem er sich vor das rechtwidrige Verhalten seiner Beamten stellt und offenbar nicht bereit ist, zu einer adäquaten Aufklärung der skandalösen Vorfälle beizutragen." Und weiter: "Vor diesem Typus eines ‚Beamten' habe ich als beobachtender Bürger große Angst: Dieser verbrecherische Beamtentypus a la Klaus J. Steffenhagen agierte schon in unsäglichen Zeiten - ohne jemals adäquat zur Verantwortung gezogen zu werden ... Aber ich reklamiere hier die beklagenswerten Zustände keineswegs anonym. So viel Zivilcourage muss sein." Für Bernd Bruns trägt Steffenhagen, als Behördenleiter und Vorgesetzter, letztlich "die formale und politische Verantwortung für die Auswahl seiner Beamten und ihre Ausbildung in ‚seiner' ohnehin "bereits skandalbehafteten SEK-Truppe, die offenbar de facto als unkontrollierbare ‚polizeiliche Verbrecherorganisation' agieren kann."Am 1. März 2007 erhielt er vom Polizeipräsidium Düsseldorf eine Vorladung in der "Ermittlungssache Beleidigung vom 19.01.2006 in Köln, z.N. Steffenhagen". Einschüchtern lasser er sich von kritisierten staatlichen Institutionen nicht. Bruns: "Ich gehöre noch zu der Generation, für die Zivilcourage keine Frage gewesen ist."
Jürgen Stein
Unbequeme Nachrichten Nr.6, Mitte 2007

Vor dem Gesetz sind alle gleich

(UN Nr.6, Text 11) Es spielen im Rahmen der Rechtssprechung eine Menge Faktoren eine Rolle. Auch wenn es offiziell anders lautende Aussagen gibt, ist das 'Rechtssprechen' keine neutrale Angelegenheit. Strafe trifft nicht jeden Menschen gleich. Das bestehende Rechtssystem erweckt eklatant den Eindruck, dass bestimmte Personen "über" dem Gesetz stehen, bzw. von Strafe nicht in dem Sinne betroffen sind wie andere. Das hat mit sozialem Status und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe/Klasse zu tun. Ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit macht dies besonders drastisch deutlich. Im Jahr 2003 gab es einen Prozess gegen 6 Kölner Polizeibeamte. Beim Einsatz wegen einer Ruhestörung, eine Lappalie wie ich finde (die doch durchaus auch ohne größeren Einsatz von Polizeikräften zu lösen sein sollte!), widersetzte sich der Mann und wurde festgenommen. Während und nach der Festnahme wurde der Mann wiederholt durch Schläge und Tritte von den Beamten misshandelt. Die ihm zugeführten Verletzungen waren so stark, dass er ins Koma fiel und wenige Tage später starb. Ein Fall, bei dem das Opfer gemeinschaftlich so schwer misshandelt wird, dass es seinen Verletzungen erliegt, sollte, so könnte man annehmen, eine schwere Strafe nach sich ziehen. Gewiss hätte das Gericht dies wohl auch so gesehen, wären die Täter keine Polizeibeamten gewesen. So war es schon schwer genug, überhaupt einen Prozess gegen die Täter in Uniform anzustrengen. Diese konnten dann aber mit einer unglaublichen Milde des Gerichts rechnen. Im Juli 2003 wurden die BeamtInnen wegen "Körperverletzung mit Todesfolge" zu Bewährungsstrafen (von 12 bis 16 Monaten) verurteilt und aus dem Polizeidienst entlassen. Das ist wohl eines der "billigsten" Urteile, die, was dieses Delikt angeht, jemals gesprochen wurden. Im § 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge) heißt es: (1) Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. (2) In minder schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen. Den Fall ausführlich zu dokumentieren, würde hier den Rahmen sprengen. Doch ist mir bis dato noch kein vergleichbarer Fall untergekommen, bei dem solch milde Urteile gesprochen wurden, sofern die Täter keine Polizeibeamten waren. Selbst bei Jugendlichen wird härter geurteilt. Ich möchte noch kurz ein weiteres Beispiel anführen, um meine Aussage zu verdeutlichen. Gerade im Bereich der sogenannten Wirtschaftskriminalität macht sich die soziale Stellung in Bezug auf Strafe besonders deutlich. Haftstrafen findet man in diesem Bereich nur äußerst selten. Und das, obwohl der angerichtete (volkswirtschaftliche) Schaden meist enorme Dimensionen aufweisst. Ein schillerndes Beispiel ist der sogenannte "Kölner Müllskandal". Im Zuge des Baus einer neuen Müllverbrennungsanlage in Köln flossen viele Millionen €uro Schmiergeld. Die Ausmaße und Kreise, die dieser Skandal zog, waren unglaublich. Das Landgericht Köln hatte 2 der Hauptangeklagten, Eisermann und Michelfelder, unter anderem wegen Bestechlichkeit zu Haftstrafen von drei Jahren und neun Monaten sowie zwei Jahren auf Bewährung! verurteilt. Michelfelder musste zudem 44.550 Euro Geldstrafe zahlen. Eisermann hatte vor Gericht zugegeben, als früherer Geschäftsführer des Müllofenbetreibers AVG gut 4,8 Millionen Euro aus dem Schmiergeldtopf von der Anlagenbaufirma Steinmüller kassiert zu haben. Michelfelder erhielt nach eigenen Angaben gut 510.000 Euro; der Ex-Manager von Steinmüller wurde neben der Bewährungsstrafe zur Zahlung einer Bewährungsauflage von einer Million Euro sowie einer Geldstrafe von 44.550 Euro verurteilt. Also man braucht nun kein Genie in Sachen Kopfrechnen zu sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Männer damit ein gutes Geschäft gemacht haben. Da ist doch neben der Strafe auf Bewährung noch ein hübsches Sümmchen übriggeblieben. Wobei wohlgemerkt fest zu halten ist, dass das Strafmaß für Delikte dieser Art prinzipiell eher einen niedrigen Level hat. Das ganze Ausmaß des entstandenen Schadens ist sicherlich schwer zu errechnen. Doch er wird, das läßt sich unschwer erahnen, gigantisch sein. Im Falle eines Einbrechers in Bayern vor gut 20 Jahren war es das nicht. In mehreren Einbrüchen erbeutete der Mann und seine Mittäter eine Gesamtsumme von knapp 20.000 Mark. 'Dank' eingetragener Sicherungverwahrung sitzt er bis heute seit über 20 Jahren! in Haft in der JVA Straubing. Wie diese beiden Beispiele, stellvertretend für unzählige andere, mit sowas wie Gerechtigkeit, oder wenigstens dem vielgepriesenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang zu bringen sind, offenbart sich mir nicht! Es muss bei der Mehrheit der Menschen ein gravierendes Gefühl der Ungleichheit, der Ungleichbehandlung entstehen. Ebenso wie bei der kaum gewahrten Verhältnismäßigkeit der gesprochenen Strafen bei den Tätern ein "Guthabengefühl" entstehen muss. Gerade bei Eigentumsdelikten ist oftmals keine Verhältnismäßigkeit gewahrt. Spätestens seit der Einführung der sogenannten 'nachträglichen Sicherungsverwahrung' ist der Willkürlichkeit Tür und Tor geöffnet.
Michel

Amsterdam: Protestkundgebung für Namenlosen in Ausländerhaft , UN6, Text 12

Am 30 März 2007 fand eine Protestkundgebung vor der Amsterdamer Ausländerpolizei statt. Unser Freund und Mitaktivist befindet sich immer noch namenlos in Ausländerhaft (vreemdelingendetentie) in De Schie / Rotterdam. Er wurde von Gefängnis zu Gefängnis geschleppt und schwer bedroht. Wir gehen für ihn auf die Strasse und wollen ihm mit unserer Aktion eine Stimme geben. Er wurde bisher durch folgende Gefängnisse geschleppt: Nach 6 Wochen in der Havenstraat (Amsterdam) wurde er am 5. März nach Meer en Vaart (Osdorp) gebracht. Am 8. März haben sie ihn nach Kamp Zeist geschleppt, am 16. März nach Bajesboten (Rotterdam) und seit 22. März ist er in De Schie (Rotterdam) eingesperrt. Seit dem 22. Januar 2007 wurde unser Freund und Mitaktivist festgenommen wegen versuchter Brandstiftung an einem Polizeibus. Am 2. Februar wurde er dafür zu 6 Wochen Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Am 5. März hätte er freigelassen werden müssen. Aber das passierte nicht. Seit seiner Festnahme hat sich unser Freund geweigert eine Erklärung abzugeben oder seinen Namen zu nennen. Er will auf keinen Fall an seiner Verurteilung mitarbeiten. Am 19. März erklärte der Richter in Den Haag, dass er freigelassen werden könnte, wenn mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" davon ausgegangen werden könnte, dass er Niederländer ist. Der Widerspruch von IND wurde zu spät eingereicht, was aber nach der Rechtssprechung dieser Abteilung ohnehin von der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden wäre. Seit seiner Verhaftung ist unser Freund in einer Art Knast-Karussel, da er meistens nach einigen Tagen (spätestens nach einer Woche) in ein anderes Gefängnis verlegt wird, damit er keine Kontakte zu Mitgefangenen knüpfen kann und er die an ihn adressierte Post ständig verpasst.
Anarchistische Gruppe Amsterdam (AGA) und Anarchist Black Cross (ABC) Amsterdam
Unbequeme Nachrichten Nr 6, Mitte 2007

Die Staatskarosse und gelangweilte Terroristenwächter, UN.6, Text 13

Balu (Berner Sennenhund) und ich verkauften am Nachmittag des 12. April kumm-erus-Zeitungen. Gegen 20.15 h begaben wir uns auf den Rückweg in die Räume unseres Kollektives, um noch ein wenig über die Ereignisse des Tages zu plaudern. Unser Weg führte dabei an einem der Polizeiautos am Apostelnkloster vorbei. Diese sind zur präventiven Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Amerikahauses gegen "Terroristen" von je zwei Beamten stets besetzt. Der liebe Balu schnüffelte hinter mir am Boden entlang und fand doch glatt eine scheinbar besondere Duftnote direkt vor dem Einsatzfahrzeug unserer Staatsdiener. Woraufhin er die Frechheit besaß, diese mit seinem Duft zu überdecken. Da Balu hinter mir herlief, bekam ich natürlich von dem Geschehen nichts mit. Plötzlich rief einer der Polizisten, nämlich Hr. Mertens (er nannte mir freundlicherweise seinen Namen): "Hallo Sie da, der mit dem Hund, bleiben Sie mal stehen!" Ich kehrte um und fragte, ob sein Rufen denn mir galt. Er bejahte und knurrte etwas aufgeregt: "Sehen Sie, was Ihr Hund hier angerichtet hat?" "Nein" war meine Antwort. Mertens: "Er hat unser Auto angepisst!" Ich: "Ich sehe nichts dergleichen." Mertens: "Doch, genau hier vorne!", er deutete etwas zaghaft in Richtung Nummernschild seiner Staatskarosse. Ich: "Da ist doch gar nichts! Sollte Balu überhaupt hier markiert haben, dann nur genau VOR das Auto. Und das ist doch keine Straftat, oder?" Mertens: "Nein, aber er kann doch nicht einfach unser Fahrzeug anpissen!" Ich: "Hat er auch nicht getan." Plötzlich gesellte sich Mertens Kollege stillschweigend neben uns. Mertens: "Hat er aber beinahe! Ihren Ausweis bitte!" Ich: "Wozu brauchen Sie jetzt meinen Ausweis? Ich habe doch gar nichts verbrochen!" Mertens: "Ihren Ausweis will ich, jetzt sofort!" Ich gab ihm meinen Perso, woraufhin er seinen Kollegen bat, meine Personalien zu überprüfen. Ich sagte: "Das ist aber nicht lustig, was Sie hier fabrizieren. Bloß weil Balu angeblich vor Ihre Staatskarosse gepinkelt hat, wollen Sie mich jetzt mit Ihrem dienstlichen Kram schikanieren, Sie haben ja die Macht." Mertens: "So ein Schwachsinn!" Ich: "Ja, geistig behindert bin ich auch ein wenig! Habe auch einen Schwerbehindertenausweis. Hier, den kann ich Ihnen gleich noch zeigen." Mertens nahm ihn an sich, beäugte ihn ganz neugierig und meinte: "Hab ich schon mal gesehen. Sind Sie überhaupt in der Lage, solch einen Hund zu führen?" Ich: "Was soll denn das nun bedeuten? Das ist doch ein Berner Sennenhund! Diese Hunde sind äußerst gutmütig, gemütlich und kinderlieb. Vor allem Balu ist sehr gut erzogen, er hört auf's Wort!" Inzwischen kam der Kollege Mertens zurück und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich einen BTM-Eintrag hätte und außerdem meinen amtlich eingezogenen Führerschein noch bei mir führen müsste. Es wäre auf alle Fälle eine Leibesvisitation durchzuführen. Ich sagte: "Ich habe alles gehört! Den Führerschein suchen Ihre Kollegen bei jeder Personenkontrolle bei mir. Der wurde im Jahre 2000 als eingezogen erklärt, konnte aber physikalisch nicht eingezogen werden, da ich ihn bei meinem Umzug von Bayreuth nach Bremen verloren hatte. Das erklärte ich jährlich mehrmals, bei jeglichen Personenkontrollen schon all Ihren Kollegen. Seltsam, dass es bis dato keiner von Ihnen fertig gebracht hat, den Staatscomputer mit der entsprechenden Information zu füttern." Daraufhin waren die beiden vom faden Alltag gelangweilten Polizisten sauer geworden und filzten mein ganzes Gepäck. Ich musste meine Jacken- und Hosentaschen entleeren. Sie untersuchten jeden einzelnen Gegenstand besonders langsam und stellten noch ein paar seltsame Fragen. Dann durfte ich alles wieder einpacken. Nun sagte Herr Mertens noch: "Tja, gefunden haben wir nichts, doch wird uns schon etwas einfallen, womit wir Sie drankriegen!" Woraufhin ich antwortete: "Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Es liegt absolut keine Straftat oder Widrigkeit vor! Kann ich jetzt endlich gehen?". Mertens: "Ja, nehmen Sie Ihren Köter und verschwinden Sie! Und passen Sie auf, dass er nicht noch einmal ein Fahrzeug anpisst. Aber, Sie können beruhigt sein, wir werden uns schon was einfallen lassen, Sie hören noch von uns!"
Merlin
Unbequeme Nachrichten Nr.6, Mitte 2007

Unbequeme Nachrichten Nr.6, Betriebsunfälle

Das hat gefehlt: Wir erhielten einen Offenen Brief an Merkel aus dem Knast Aachen von einem Gefangenen, der in den Niederlanden zu Hause ist. Es ging also nicht um den Mauerknast, sondern allgemeiner um Gesellschaft, sogar nicht nur um nationale, sondern um europäische. Es war nicht ganz klar, ob das in den allgemeinen Teil unserer Zeitung "kumm erus" sollte oder in "Unbequeme Nachrichten" ...und landete in einer falschen Ablage, ging deshalb unabsichtlich in der Papierausgabe ganz verloren. Wir tragen das hier nach, obwohl es etwas an Aktualität verloren hat, seit Merkel in der Europapolitik nicht mehr so "am Drücker" ist. Strukurell verliert solch eine Mahnung aber u.E. nicht so schnell ihren Sinn, denn Berufspolitik missachtet ja andauernd die Ängste und Bedürfnisse der Bevölkerungen. Demokratie: Wir müssen einfach schlucken? Sehr geehrte Frau Merkel, ich schreibe diesen Brief anlässlich eines Fernsehberichts, in dem Sie erklärt haben, den Europäischen Grundgesetzvertrag ohne wesentliche Änderungen einführen zu wollen. Ich möchte Sie hiermit daran erinnern, dass vor 2 Jahren in den Niederlanden und in Frankreich eine Volksbefragung stattfand. Das Ergebnis dieser Volksbefragung war eindeutig - und zwar in beiden Ländern. Die Mehrheit sprach sich gegen ein Europäisches Grundgesetz aus. (Anmerkung des Tippers.: Ich glaube die Mehrheit sprach sich eher gegen DIESES Europäische Grundgesetz aus). Ich möchte Sie also fragen, wie Sie diese Tatsache und damit den Grundsatz der Demokratie, mit Ihrem Vorhaben das Gesetz trotzdem einführen zu wollen, in Einklang bringen wollen? Meiner Meinung nach bedeutet Demokratie, dass die gewählten Volksvertreter den Willen des Volkes ausführen sollten und nicht das Volk einfach zu schlucken hat, was die Volksvertretung sich einfallen lässt. Ich weiß, dass Deutschland unter dem Vorwand eine Demokratie zu sein ein verkappter Polizeistaat ist und meint, dem Rest des Europäischen Volkes vorschreiben zu können was sie zu tun haben. Als Bürger der Niederlande weiß ich aber, dass in den Niederlanden die Demokratie noch funktioniert. Sollten Sie in Ihrem Vorhaben, den Europäischen Grundgesetzvertrag gegen den Willen der Bevölkerung einzuführen erfolgreich sein, so wird dies in der niederländischen Bevölkerung aus großen Widerstand stoßen, der, wie ich hoffe, bis zum zivilen Ungehorsam gehen wird.
Mit freundlichen Grüßen P.Pricken
Das war zu viel: ... und dann gab es in der Papierausgabe noch den weiteren Betriebsunfall, dass einer von uns, der eigentlich eine Lesebrille brauchte, in letzter Minute um kleine optische Füllelemente fürs Layout gebeten wurde. Er suchte im Internet und fand u.a. ein kleines Schildchen: "Schreibt den Gefangenen". Das leitete er weiter. Es war ihm nicht aufgefallen, dass da noch einige Buchstaben quer standen, welche, wenn man/frau sie entschlüsseln kann, auf einen rechtsradikalen Organisationszusammenhang verweisen. Das rief einiges Entsetzen hervor bei Lesenden mit besseren Augen und der Kenntnis des entsprechenden Kürzels. Wer unsere Zeitung aber auch ansonsten aufmerksam liest, sollte eindeutig feststellen können, dass es sich beim Gebrauch dieses Füllsels um ein Missgeschick handelt und wir deshalb nicht gleich zu Nazis mutieren. Wir machen bewußt antifaschistische Arbeit, sind dabei allerdings nicht so sehr auf die schon organisierten Faschos ausgerichtet als vielmehr auf gefährliche und auzsgrenzende Denkansätze in der breiten, nicht organisierten Bevölkerung.