Dienstag, 27. August 2013

Entwurf einer Magna Charta für alle Internierten - ( ihre Geschichte und ihre Zukunft )


"AN WEM LIEGT ES, WENN DIE UNTERDRÜCKUNGBLEIBT? AN UNS!
AN WEM LIEGT ES, WENN SIE ZERBROCHEN WIRD? EBENFALLS AN UNS! "


LIBERIAMO  (Aktuelle Namen 2013 sind jeweils einzusetzen)


Befreien wir Notarnicola/ Befreien wir Heissler und Pohle
Befreien wir P.P.Zahl, Teufel, Inga Möller.





FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN !

Befreien wir den Genossen Matyeka/der 5 Tage lang auf einem Knastdach saß/Befreien wir Dimi Todorov, der jede Bank der Welt knacken kann.

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN !

Befreien wir die, die in der Klapse faulen/die man in der Psychiatrie eingemauert hat/Befreien wir die Soldaten, die als Fahnenflüchtlinge verurteilt sind.

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN !

Befreien wir die Leute im Wohnsilo/deren Leben sich nur im Fernsehen abspielt/ die sich eingesperrt haben in der Zweisamkeit, in der Familie.




- SIE SIND ALLE POLITISCHE GEFANGENE !

Befreien wir die, die gezwungen werden in die Schule zu gehen/Befreien wir die, die zur Arbeit gehen müssen/vertreiben wir alle Lohnarbeiter*innen von unserer Erde.

FREIHEIT FÜR ALLE POLITISCHEN GEFANGENEN !

Befreien wir die Neugeborenen, die verpackt sind/hinter den Scheiben steriler Kliniksäle
Befreien wir die, die im Ghetto leben müssen/in das man sie wegen ihrer Sexualität getrieben hat

- SIE SIND ALLE POLITISCHE GEFANGENE !

Befreien wir unseren Körper/befreien wir unsere Phantasie
Befreien wir die Kreativität von den Fesseln der Vernunft.

DAS SIND ALLES POLITISCHE GEFANGENE !

* *

Hintergrund:



Mitte der 70erJahre wurde ein Grossteil der RAF Leute verhaftet. In ihren Kämpfen und Aktivitäten auch im Knast schufen sie ein neues Problembewusstsein für das Thema „Knast“ In dieser Zeit und oft durch sie gab es eine Vielzahl von Widerstandsformen, Hungerstreiks, Dachbesteigungen, viele Arten zur Durchsetzung konkreter Forderungen.
Aber es brachte auch in die verschiedenen Knastgruppen, die Roten Hilfen und Schwarzen Hilfe eine Menge Diskussion und Differenzen, einmal das Thema der „politischen Gefangenen“ und zum anderen deren Kritik an der Funktionalisierung durch die RAF-Gefangenen.

Bemerkenswert war, dass es trotz aller weiteren Differenzen, Spaltungen bis hin zu persönlichen Angriffen und Diffamierungen einige Texte auch und gerade von Teilen der RAF mit wichtigen Impulsen für eine gemeinsame revolutionäre Gefangenenbewegung existierten – so vor allem ein Text von Ulrike Meinhof Aktionsprogramm für den Kampf um die politischen Rechte der gefangenen Arbeiter“,den ihr hier lesen:
http://de.scribd.com/doc/141958536/PROVISORISCHES-KAMPFPROGRAMM-FUR-DEN-KAMPF-UM

Dieser Text verschwand aber schnell aus der Debatte und tauchte in späteren RAF- Schriften nicht mehr auf, es wurde nun mehr und mehr auf eine Trennung zu den anderen Gefangenen hingearbeitet, und sie verlangten für sich den „Kriegsgefangenenstatus“im Sinn der Genfer Konvention.

Ein anderer Text, der sich an den ursprünglichen Forderungen von Meinhofs Text anschloss, war einer vom„Gefangenenrat Frankfurt“,der im November 1973 im „Nachrichtendienst (ND)“ veröffentlicht wurde.
Dabei wurde die Abschaffung aller Internierungen gefordert, wie im Meinhof Text eine Gefangenenselbstverwaltung, Abschaffung jeglicher Misshandlungen gegenüber den Internierten, Abschaffung der Briefzensur usw. usw.  – das Meiste und noch etwas mehr aus diesen beiden Texten  findet sich in dem 1980 veröffentlichten „Entwurf einer Magna Charta für alle Internierten in Gefängnissen, psychiatrischen Anstalten, Fürsorge-und Erziehungsheimen“ wieder.

Dieser nachfolgende Entwurf war notwendig geworden, weil zum einen durch den Konflikt innerhalb der Gruppen in den Knästen ( hier vor allem zwischen RAF und „Gefangenenrat“) und einer Entpolitisierung der Menschen draußen das Thema „Knast“ und dem Kampf dagegen immer mehr weggedrängt wurde –draußen war es vor allem die Alternativen mit ihren Projekten und Zeitungen, die sich mehr und mehr dem Knast entfremdeten, ja Texte und Informationen von den Knastgruppen darüber sogar ablehnten – federführend der damalige „Pflasterstrand“um Cohn Bendit undJ.Fischer.

Hier nun also der Entwurf":



"Dieser Entwurf einer Magna Charta für alle Internierten in Gefängnissen, psychiatrischen Anstalten, Fürsorge-und Erziehungsheimen, ist das Ergebnis zahlreicher Briefe und Gespräche mit Eingeschlossenen sowie von Diskussionen zwischen Knastgruppen in berlin, Hamburg und München. Wir hoffen damit in allen Gefängnissen, Anstalten und Heimen einen Diskussions-und Kristallisationspunkt zu schaffen, der Ausgangspunkt für eine Gefangenenbewegung sein soll. Wir wollen darüber hinaus eine breite Öffentlichkeit für die Problematik der Eingeschlossenen herstellen und neue Perspektiven der Knastarbeit entwickeln. Auf der Grundlage dieses Papiers sollen neue Knastgruppen und Initiativen entstehen, die sich für die Interessen und Rechte der Eingeschlossenen einsetzen. Dieses Papier ist ein vorläufiger Entwurf, eine endgültige Fassung kann nur in der Diskussion mit den Eingeschlossenen und den Gruppen draussen erarbeitet werden.

Kollektiv Rote Hilfe München


Entwurf einer Magna Charta für alle Internierten




Präambel

Mehr als 500.000 Menschen leben in der BRD ohne Rechte, für sie gilt auch nicht das Grundgesetz. Sie werden zur Arbeit gezwungen, ohne dafür eine entsprechende Bezahlung zu erhalten. Sie haben keinen Anspruch auf Informationsfreiheit, sie dürfen nicht lesen und schreiben, was sie wollen, für sie ist Zensur eine alltägliche Einrichtung. Sie leben in menschenunwürdigen Unterkünften, sie sind nicht ausreichend versichert und haben keinen Anspruch auf Urlaub. Und all das geschieht ohne rechtliche Grundlage. Selbst die minimalsten Rechte, die ihnen eingeräumt worden sind, werden aufgrund der Willkür von Anstaltsleitern und Richtern oftmals beschnitten. Sie kennen nur Verbote und Pflichten, keine Rechte. Gemeint sind die 60.000 Internierten in den 150 Gefängnissen, die 250.000 Kinder und Jugendlichen in den 3.500 Kinderheimen, Erziehungsheimen, Jugendschutzstellen und Heimen für Behinderte, die 200.000 Internierten in den 130 psychiatrischen Anstalten in der BRD.

Gegen diese Bevormundung und für Selbstbestimmung ist die Magna Charta entworfen worden, von ehemaligen und jetzigen Inhaftierten, von Knastgruppen aus Berlin, Hamburg und München. Sie ist erarbeitet worden, weil der Knast, die Heime, die psychiatrischen Anstalten immer unmenschlicher werden. Die Reformpolitik der 60er Jahre ist längst gestorben, neue Gesetze und neue Bauten beschnitten die Rechte immer mehr, machten die Isolation immer perfekter. Vom pennsylvanischen Einzellensystem der Puritaner führt eine zielstrebige Entwicklung über die wissenschaftliche Erforschung der Isolation und des Isolationstrakts von Ossendorf und Stammheim bis zu den technisch perfekten Hochsicherheitstrakts unserer Tage. Der Trend zur Isolation in der Isolation wird immer stärker. Geplant bzw. im Bau sind neben den Hochsicherheitstrakts Knäste für inhaftierte Drogenkonsumenten und Knäste für „klinisch nicht mehr therapierbare Kriminelle und Geisteskranke“ (wörtliches Zitat des Bayerischen Justizministeriums), die den irreführenden Namen Fachkrankenhäuser für forensische Psychiatrie führen sollen (eine ähnliche Verschleierung war die Umbenennung der Gefängnisse in Justizvollzugsanstalten). Für Jugendliche plant Bonn Gesetze zur Unterbringung in geschlossenen Heimen und für Arreststrafen in Erziehungsheimen. Bereits heute werden in der BRD rund 1.000 Jugendliche aufgrund von Rechtsverordnungen der Länder ständig in Heimen von der Gesellschaft ferngehalten (Heimjargon: Isole).








Isolation ist aber längst nicht mehr auf den Knast, die Heime und die psychiatrischen Anstalten beschränkt. Isolation ist zum Prinzip des Systems geworden. Das System kann nur funktionieren, wenn es die Menschen auseinander dividiert und isoliert, sei es in der Schule, in der Universität, in der Fabrik, in den Betonsilos unserer Städte, in den Trabantenstädten, in den Altersheimen usw. Die modernen Knastbauten in Ossendorf und Zelle, in Stammheim und Stadelheim sind inzwischen zum Baustil der technologischen Gesellschaft in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts geworden. Sie dienen als Vorbild für Knastneubauten bzw. -erweiterungen in der BRD und im Ausland (Moabit, Wuppertal, Bielefeld, Straubing, Herrera de la Mancha in Spanien, Asinara in Italien und Regensdorf in der Schweiz, um einige Beispiele zu nennen).



Knastarchitektur beherrscht die Landschaft. Man kann kaum noch unterscheiden, ob es sich um einen Knast, eine Fabrik, eine Schule, eine Universität, ein Atomkraftwerk oder ein Altersheim handelt. Gerade da sehen wir aber auch eine Möglichkeit, die Gemeinsamkeit der Isolierten herzustellen, ein Verständnis der Isolierten draußen für die Isolierten drinnen zu erwecken. Der Versuch, die Isolation zu durchbrechen, indem man sich gemeinsam und überall gegen die Isolation wehrt. Das „Reißt die Mauern ein“ gilt nicht nur für die Knäste, Heime und psychiatrischen Anstalten, es gilt für jede Art Isolation.







Isolation ist in den Knästen auch zum besonderen Problem der politisch motivierten Gefangenen geworden, die sich mehrmals durch Hungerstreiks dagegen gewehrt haben, allerdings ohne Erfolg, vor allem aufgrund der falschen Forderungen. Die Kritik an den Forderungen der Gefangenen aus der RAF, die sowohl von drinnen wie auch von draußen geäußert wurde, sollte endlich einmal ernsthaft diskutiert, nicht länger als Defätismus, Staatsschutzdenken, Abwiegelei oder Reformismus diskriminiert, sondern als Möglichkeit gesehen werden, auf einer anderen, breiteren Ebene weiterzukämpfen, die auch von draußen in größerem Rahmen unterstützt werden würde.














Dazu gehört auch, dass man den Avantgardeanspruch in jeder Form, sei es als „politischer Gefangener“ im Gegensatz zum „sozialen“ oder „normalen“ Gefangenen, oder sei es als „Kriegsgefangener“ aufgeben muss und sich als Gefangener unter Gefangenen sieht. Die Forderung nach Zusammenlegung in interaktionsfähigen Gruppen in der bestehenden Form ist nichts anderes als ein Ausdruck dieses Avantgardedenkens. Dass man dabei im Endergebnis noch den Vorstellungen der Justiz entgegenkommt und die Hochsicherheitstrakts des Justizsenators Meyer als einen Erfolg des Hungerstreiks der „politischen“ Gefangenen bezeichnet , mutet wie ein makaberer Witz an und bestätigt nur, dass man selber an einem erfolgreichen Ausgang des Hungerstreiks gezweifelt hat.

Wer seine politische Identität nur in der permanenten Bestätigung durch Gleichdenkende erhalten zu können glaubt, beweist eigentlich nur die Schwäche dieser Identität und zimmert damit gleichzeitig an seinem eigenen Ghetto.

Wer sich im Knast nur ständig mit Gleichgesinnten auseinandersetzt, besser gesagt, sich gegenseitig bestätigt, verliert den Bezug zur Realität und versteigt sich in abstrakte Forderungen. Für viele der Gefangenen aus der RAF war der Gedanke, nur vorübergehend im Knast zu sein und demnächst befreit zu werden, die einzige Hoffnung, um überleben, den Knast ertragen zu können. Das führte dazu, dass man den Knast als Perspektive, als eine Basis der Auseinandersetzung völlig außer Acht ließ und sich von den anderen Gefangenen isolierte. Um nach Schleyer und Mogadischu überleben zu können, sollte man den Knast als Perspektive und Basis einkalkulieren und sich auf einen gemeinsamen Kampf zusammen mit den anderen Gefangenen vorbereiten. Das heißt, dass man für eine Integration in den Normalvollzug kämpft und nicht für eine Trennung von den Anderen. Es stimmt einfach nicht, dass man in früheren Hungerstreiks für eine Integration eingetreten ist, man hat nur für eine Gleichstellung mit den anderen Gefangenen gehungert, ohne näher zu definieren, wie diese Gleichstellung aussehen sollte. Damals wurde zu Recht kritisiert, dass die sogenannten politischen Gefangenen aufgrund der politischen und. materiellen Unterstützung von draußen, aufgrund ihrer Sozialisationsgeschichte, aufgrund der Möglichkeit, sich einen Anwalt ihrer Wahl zu leisten, sowieso schon eine privilegierte Position innehaben, und die Forderung nach Gleichstellung mit den anderen Gefangenen von diesen als Hohn empfunden wurde.

Wenn heute von Gefangnen aus der RAF erklärt wird, dass sich die Forderung nach Integration, die in dieser Form nie gestellt wurde, als nicht realisierbar erwiesen habe, und man deshalb davon Abstand. genommen hätte, dann ist diese formale Erklärung nicht überzeugend, denn es gibt RAF-Gefangene, die sich dafür eingesetzt haben und die sich heute im Normalvollzug befinden. Sie ist auch deshalb nicht überzeugend, weil seitdem in mehreren Hungerstreiks für die Durchsetzung anderer Forderungen (Anwendung der Genfer Konvention und die Anerkennung als Kriegsgefangene) gehungert wurde, die sich bisher tatsächlich als unrealisierbar erwiesen haben, trotzdem wurde immer wieder dafür eingetreten.

Die Integration in den Normalvollzug ist eine realistische Möglichkeit für ein Überleben im Knast, sie würde auch eine Wiederholung der Stammheimer Todesfälle nahezu ausschließen. Sie ist die einzige Möglichkeit für ein Überleben, weil der Mensch nur in der täglichen Auseinandersetzung mit anderen Menschen Stärke gewinnen und seine Identität wahren kann.

Diese Magna Charta ist natürlich nicht allein für die Gefangenen aus der Stadtguerilla erarbeitet worden, sie ist für alle Internierten gedacht, und die politisch motivierten Gefangenen sind nur ein winziger Teil der Internierten. Wenn wir uns länger mit ihnen auseinandergesetzt haben, so deshalb, weil durch sie der kollektive Widerstand in den Knästen und Heimen öffentlich gemacht wurde, weil sie die Thematik der Knäste und Heime problematisierten und dadurch eine breitere Öffentlichkeit herstellten.

Dass sie scheiterten, liegt vor allem daran, dass sie stets nur für ihre eigenen Forderungen kämpften und einen Sonderstatus beanspruchten, den wir energisch ablehnen. Alle Gefangenen sind politische Gefangene, und wo das erkannt wurde, wurde auch der Widerstand auf eine breitere Ebene gehoben, kam es zu einer Solidarisierung im größeren Rahmen, sei es in Höchst, in Straubing, Kaisheim, Preungesheim oder zuletzt in Berlin, wo die Gefangenen erkannt haben, dass die Hochsicherheitstrakts nicht allein für die so genannten politischen Gefangenen errichtet wurden, sondern für jeden, der sich nicht anpasst, der sich nicht dem Knastsystem unterwirft. Viele Gefangene haben auch schon lange vor der Verhaftung der Gefangenen aus der RAF militantere Methoden des Widerstandes praktiziert, vom Zerstören der Zelleneinrichtungen über Dachbesteigungen und Sit-Ins im Hof bis zu Arbeitsniederlegungen und Hungerstreiks. Derartiger Widerstand wird auch nötig sein, um für die Durchsetzung dieser Magna Charta zu kämpfen. Ihnen, denen alle Rechte genommen wurden, steht das Recht zu, mit aller Härte für mehr Rechte zu kämpfen.





Der letzte Hungerstreik in Berlin, an dem mehr als 200 Gefangene beteiligt waren, wird zum Signal für andere werden. In jedem Knast, in jedem Jugendheim, in jeder psychiatrischen Anstalt zwischen Berlin und Köln, zwischen Flensburg und Konstanz sollte die Magna Charta diskutiert werden. In jedem Knast, in jedem Jugendheim, in jeder psychiatrischen Anstalt zwischen Berlin und Köln, zwischen Flensburg und Konstanz sollte ein Forum des gemeinsamen Widerstands gebildet werden.

Wir rufen alle Internierten auf, sich diesem Kampf anzuschließen. Wir rufen alle Gefangenen aus der Stadtguerilla auf, auf jeden Sonderstatus zu verzichten und mit allen anderen gemeinsam für die Verbesserung der Haftbedingungen, für die Abschaffung jeder Art von Isolation und für die Integration in den Normalvollzug zu kämpfen.

Wir rufen alle Gruppen, Organisationen, Verlage, Buchläden, linke und alternative Zeitungen und Zeitschriften und andere Institutionen sowie Einzelpersonen auf, für die Verbreitung und Veröffentlichung der Magna Charta zu sorgen und den Forderungen von drinnen durch Unterstützung von draußen Naschdruck zu verleihen.

Wir rufen alle auf, Initiativen und Knastgruppen zu gründen, um sich für die Durchsetzung dieser Magna Charta einzusetzen, den Kampf für bessere Haftbedingungen zu unterstützen und mehr Öffentlichkeit für die Problematik der Knäste, Heime und psychiatrischen Anstalten herzustellen.

Gefangenenselbstinitiative Hamburg
Knastgruppe Wedding
Kollektiv Rote Hilfe München
Rote Hilfe Westberlin

Wir fordern

die Abschaffung der Internierung ökonomisch, politisch und rechtlich entwerteter Menschen in den Strafanstalten, psychiatrischen Verwahranstalten und Fürsorgeanstalten; wir fordern die Abschaffung der Verurteilung, Verwahrung und Einsperrung von Menschen, die dazu durch ihre Geschichte, ihre Herkunft vorbestimmt sind.

Für sofort fordern wir


l. im Bereich Arbeit
Gleicher Lohn wie draußen / Freie Arbeitswahl / Kein Zwang zur Arbeit / Mehr Möglichkeiten für unbewachte Arbeit außerhalb der Anstalten / Gleicher Versicherungsschutz wie draußen (Arbeitslosen-, Renten-, Krankenversicherung, Unfallversicherung) / Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften / Anspruch auf bezahlten Urlaub / Anspruch auf Sozialhilfe

2. im Bereich der ärztlichen Versorgung
Freie Arztwahl, die jedem bei der AOK Versichertem zusteht / Abschaffung der Anstaltsärzte und Anstaltskrankenhäuser / Auflösung der psychiatrischen Stationen in den Anstalten / Vorlage konkreter, zeitlich festgelegter Pläne zur Auflösung der psychiatrischen Anstalten und Umwandlung derselben in ambulante Stationen

3. im Bereich der Sonderbehandlung
Abschaffung der Einzelisolation / Keine Aufspaltung der Eingesperrten nach Delikt, Alter, Geschlecht, Nationalität, nach körperlichem (z.B. Behinderte) oder psychischem (z.B. Suizidgefährdete) Zustand durch Absonderung, keine speziellen Anstalten, Gebäude, Trakts und Abteilungen / Abschaffung aller Hausstrafen (Arrest, Einkaufssperre, Besuchssperre etc.) / Beseitigung der Sichtblenden und Fliegengitter vor den Fenstern / Keine Zwangsbehandlung durch Psychopharmaka und andere Medikamente / Keine Zwangsernährung, kein Wasserentzug / Keine Zwangsverlegung, vielmehr Berücksichtung der Verlegungswünsche der Eingesperrten / Abschaffung aller Gewaltanwendung (Prügelkommando, Chemische Keule, Beruhigungszelle, Fesselung, Zwangsjacke etc.) / Abschaffung menschenunwürdiger Behandlung (Körperfilzung, Guckloch, Kostklappe, Beobachtung rund um die Uhr etc.)





4. im Bereich Kontakt nach draußen
Unzensierter und uneingeschränkter Briefverkehr (so auch Aufhebung der Briefmarkenbeschränkung in Bayern) / Uneingeschränktes Informationsrecht, (Bücher, Zeitungen, Radiogeräte, Fernseher etc.) / Freier Telefonverkehr nach draußen / Jeder hat das Recht auf Urlaub und Ausgang / Freie Sexualität für alle Eingesperrten untereinander wie auch mit allen außerhalb der Anstalt, zu fördern durch mehr Urlaub oder Ausgang, durch die Bereitstellung von Möglichkeiten dazu innerhalb der Anstalt und durch Besuchsmöglichkeiten in der jeweiligen Unterkunft / Verlängerung der Besuchsdauer auf mindestens 10 Stunden monatlich, über deren zeitliche Aufteilung der Eingesperrte selbst entscheiden kann / Ausdehnung der Besuchszeiten auf 6 Stunden täglich / Erweiterung der möglichen Besucherzahl bei einem Besuch auf mindestens 5 Personen / Abschaffung der menschenunwürdigen Leibesvisitation von Besuchern / Keine Einschränkung des Empfangsbereichs bei Radiogeräten bzw. bei Fernsehern auf der Zelle / Jeder hat das Recht vierteljährlich ein Paket à 20 kg mit Nahrungs- und Genussmittel, neuer Kleidung und Gebrauchsgegenständen zu erhalten.

5. für Frauen und Kinder
Kein Knast für Frauen während der Schwangerschaft / Haftaufschub für Hauptbezugspersonen von Kleinkindern / Entscheidungsfreiheit für ältere Kinder und Jugendliche, wo und mit wem sie leben wollen

6. für Ausländer
Jeder Ausländer hat das Recht auf einen selbstgewählten, vom Staat finanzierten Dolmetscher / Kein Entzug der Aufenthaltsgenehmigung bei Strafraten / Recht auf eigensprachige Lektüre

7. im Bereich Unterbringung
Jeder hat das Recht auf eine ausreichende Wohnfläche / Freies und individuelles Gestalten der Unterkunft / Freie Entscheidung über Einzel- oder Mehrfachunterbringung / Offene Zellen bis 23 Uhr zur freien Bewegung in den einzelnen Gängen bzw. Stationen / Steckdose, Lichtschalter, Thermostat und Fenster zur eigenen Bedienung in jeder Zelle

8. im Bereich Freizeit
Recht auf Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung; Ausbau des Bildungsangebotes; Bereitstellung von Lern- und Ausbildungsmaterial; Recht auf Ausbildungsförderung / Mehr Gemeinschaftsräume und Anschlagtafeln zum Informationsaustausch / Hof und Gemeinschaftsräume dürfen in der Freizeit uneingeschränkt benutzt werden / Selbstständige Gestaltung des Kulturprogramms (Film, Fernsehen, Hörfunk, Anstaltszeitung, Bibliothek etc.) / Auf jeder Station eine Kochmöglichkeit / Freier Zugang zu den Wasch- und Duschräumen / Ausbau der Sportmöglichkeiten

9. im Bereich Einkauf
Breitgefächertes Angebot und Preise, die an den regionalen Durchschnittspreisen draußen orientiert sind / Erhöhung des Einkaufs auf DM 300,– monatlich / Sämtliche Gelder dürfen zum Einkauf verwendet werden; Abschaffung des speziell zum Einkauf bestimmten Geldes / Mindestens einmal wöchentlich Einkauf, bei schnell verderblicher Ware öfter / Eigene Läden in jeder Anstalt / Jeder Gefangene kann selbst zum Einkaufen gehen.

10. im Bereich Essen
Besseres Essen, d.h. gleiches Essen für Bedienstete und Eingesperrte, genügend Eiweiß, genügend Vitamine, genügend Nährstoffe / Abschaffung der Lebensmittelrationierung / Bessere Getränke (Bohnenkaffee und schwarzer Tee)

11. im Gesetzesbereich
Gleiche Ausführungsbestimmungen zu bestehenden Gesetzen für Internierte und einheitliche Auslegung der Gesetze und der Ausführungsbestimmungen in allen Bundesländern / Abschaffung der Sicherheitsverwahrung, der Einweisung auf unbestimmte Zeit und der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer (Gummistrafe) / Aktives und passives Wahlrecht für alle / Versammlungs- und Organisationsrecht; Recht auf eine unabhängige, selbstverwaltete Interessenvertretung mit Mitbestimmungsrechten im anstaltsinternen Bereich und mit Mitspracherechten im Bereich der Gesetzgebung und der Rechtssprechung bezüglich der Haft- bzw. der Verwahrsituation (z.B. bei Beschwerden, Drittelgesuchen) / Abschaffung der Pflicht- bzw. der Zwangsverteidigung und Abschaffung des diskriminierenden Armenrechts / Freie Auswahl für alle, auch für Strafgefangene; bei Zahlungsunfähigkeit muss der Staat die anfallenden Kosten (Anwalt, Gutachter, Sachverständiger, Dolmetscher, Zeuge, Verfahren) übernehmen.

Darüber hinaus fordern wir
die sofortige Umwandlung aller geschlossenen Fürsorge- und Erziehungsanstalten in offene Einrichtungen bzw. in unabhängige, selbstverwaltete Jugendwohngemeinschaften.


KOLLEKTIV ROTE HILFE   1980

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entnommen: http://digitalresist.blogspot.de/2013/05/entwurf-einer-magna-charta-fur-alle.html?q=Magna+charta


Original hier:  http://archive.org/details/w_McT2

Freitag, 16. August 2013

Kino im "Antiknastcafe" - "Strafpark"





Strafpark“ thematisiert den 1950 in den USA erlassenen „Internal Security Act“, nachdem es der Regierung gestattet, Personen festzunehmen und zu inhaftieren, „die Anlass geben, innerhalb der USA Spionage oder Sabotage gegen das Land zu betreiben“ und war in der Realität Anlass, politische Aktivist*innen und Kriegsgegner*innen vor ein Schnellgericht zu stellen und lange Zeit in die Gefängnisse zu stellen. Der US Kongress genehmigte dazu extra so genannte „Detention Camps“.
Im Film „Strafpark“ nimmt Regisseur Peter Watkins diese Gesetze, für einen düsteren Ausblick auf die künftige USA. Als dramaturgisches Stilmittel entwirft er in der Zeit des Vietnamkrieges den „Strafpark“ – eine Alternative zu langjährigen Gefängnisstrafen. Innerhalb von drei Tagen sollen die Verurteilten eine in einer Wüste 50 Meilen entfernte US-Flagge erreichen, ohne Wasser und Nahrung – verfolgt von Nationalgarde und Polizei. Der Lohn: Amnestie. Der Film wurde mit unbekannten Darsteller*innen gedreht, die Dialoge meistens improvisiert ----
„Dokumentiert“ wird das von fiktiven Kamerateams aus Europa.




Neben dem bewusst provokativen Ausblick auf einen „faschistischen Staat“ ist für uns die Haltung der verhafteten Aktivist*innen höchst interessant. Alle entscheiden sich für den „Strafpark“, gegen das Gefängnis, für die eventuelle,“mögliche“Amnestie, ohne darüber nachzudenken, ob ein so dargestelltes System mit der Napalmbombardierung eines ganzen Landes, der Erschießung von Student*innen in Kent nur wenige Monate zuvor und dem Errichten von Konzentrationslagern für interne Kritiker*innen überhaupt sich ernsthaft mit solchen Alternativen auseinandersetzen würde.

Wir zeigen den Film in deutschsynchronisierter Fassung.





Am 25.August 2013 um 14.00 Uhr im Cafe des LC36 in der Ludolf-Camphausenstr. in Koeln



Mittwoch, 24. Juli 2013

Veranstaltung mit Helmut Sieber in Nürnberg


https://archive.org/download/Httpakpradio.podspot.de/akp.mp3




Radiobeitrag aus einer Veranstaltung in Nürnberg, wozu das "Autonome Knastprojekt" eingeladen worden war. Der äussere Anlass:  Helmut Sieber saß wegen Einbrüchen nach seiner Haft fast 13 Jahre in Bayern in Sicherungsverwahrung. Eigentlich war die SV damals auf 10 Jahre begrenzt. Sie haben ihn aber 27 Monate länger eingesperrt, als sie nach ihren eigenen Gesetzen gedurft hätten. Jetzt läuft ein unwürdiger Prozeß in Nürnberg um ein bißchen „Entschädigung“.

Sonntag, 14. Juli 2013

Veranstaltung gegen Sicherungsverwahrung

Ein paar Stunden für Thomas

und gegen die Sicherungsverwahrung

Seit dem 8. Juli sitzt unser Freund und Genosse Thomas Meyer-Falk nun in der JVA Freiburg in Sicherungsverwahrung. 17 Jahre Knast hat er schon hinter sich, darunter einige Jahre in Isolationshaft. Damit ist das Rachebedürfnis der Justizpsychopathen aber noch längst nicht befriedigt. So kommt nun ihre „Wunderwaffe“ Sicherungsverwahrung zum Einsatz. Was hat Thomas getan, dass er so gnadenlos verfolgt wird? Ist er ein Massenmörder? Nein, bei dem Bankraub wurde niemand verletzt. Aber Thomas hat „einen Makel“, der ihn so gefährlich macht. Er hat „eine Aversion gegen Staat und Justiz “ (laut Gutachten) und verweigert jede Therapie dagegen. Eine Therapie für Menschen, die diesen Staat und seine Justiz Scheiße finden, was soll das anderes sein, als politische Umerziehung?
Viele Leute denken, in der Sicherungsverwahrung sitzen „die Bestien“. Tatsächlich sitzen viele Menschen wie Thomas in der SV. Menschen, die sich nicht dem Justizterror beugen, nicht mit ihm kooperieren. Nach wie vor stellen die Bankräuber eine große Gruppe unter den Sicherungsverwahrten.

Die Sicherungsverwahrung wurde von den Nazis eingeführt. Es ist schon ein Armutszeugnis, dass dieser Staat Terrorgesetze der Nazis fortführt. Bei den Nazis galt allerdings die SV erst bei Mehrfachtätern. Es ist eigentlich danach noch schlimmer geworden. 1949 wurde zwar die Todesstrafe gestrichen, mit § 42 aber die Sicherungsverwahrung übernommen. Die "öffentliche Sicherheit" wurde dann unter Rot-Grün durch Schröder so in die Öffentlichkeit gepuscht, daß alle Hürden für die SV nach und nach abgebaut wurden. Es galt nicht mehr die Anzahl (Menge) der Verurteilungen, sondern die Länge. Und - siehe passend wie bei Thomas - persönliche "Würdigungen" wurden herangezogen  Wir sehen - abgesehen davon, dass die Nazis noch die Todesstrafe dabei verwendeten - die "neue" Regelung als eine "demokratische" Verschärfung

Dagegen wollen wir im Antiknastcafé
am 28. Juli ein Zeichen setzen.

Thomas Meyer-Falk schafft in Solidarität mit anderen viel Öffentlichkeit gegen das Knastsystem,  das Herrschaftssystem insgesamt. (Siehe u.a. http://freedomforthomas.wordpress.com/ und  Indymedia) Verschiedene Menschen werden daraus Ausgewähltes vorlesen. Außerdem werden wir uns gemeinsam ein Radiointerview mit Helmut Sieber anhören. Helmut saß wegen Einbrüchen nach seiner Haft fast 13 Jahre in Bayern in Sicherungsverwahrung. Eigentlich war die SV damals auf 10 Jahre begrenzt. Sie haben ihn aber 27 Monate länger eingesperrt, als sie nach ihren eigenen Gesetzen gedurft hätten. Jetzt läuft ein unwürdiger Prozeß in Nürnberg um ein bißchen „Entschädigung“. Seit Jahren weigerte sich der „Freistaat“ nämlich hartnäckig, überhaupt etwas zu zahlen. Also für Interessierte aus der Kölner Region:

Anti-Knast-Café

am 28. Juli, ab 14 Uhr in der LC36

(d.h. Ludolf-Camphausen-Straße 36, KVB Hans-Böckler-Platz)

Freitag, 3. Mai 2013

Radiosendungen vom AKP

Grad weil wir hier längere Zeit keine Texte gepostet haben, hier nochmal ein Hinweis auf unseren Radioblog:
Wir senden auf Radio Köln (UKW 107,1) jeden ersten Samstag im Monat um 21.30
und setzen (musikbereinigt) zumindest den gesprochenen Anteil ins Netz unter
http://akpradio.podspot.de/

Die Sendungen der vergangenen Monate liefen zu den Themen:

- Knast und Psychiatrie .
- Schnitzeljagd und Dauerthema Sicherungsverwahrung
- Transparentaktion zu Sicherungsverwahrung und Thomas Meyer-Falk
- 1.Mai und Zwangsarbeit in Knästen

Montag, 11. Februar 2013

Der Einzelne und das Ganze

Grundsätzliche Kritik an Sicherungsverwahrung

und Unterstützung für Thomas Meyer-Falk

In diesem Blog wurde schon mehrmals deutlich, dass wir Sicherungsverwahrung ablehnen, also das Festhalten von Gefangenen, die dann nicht mehr so genannt werden und die die Strafe, zu der sie verurteilt wurden, voll und ganz abgesessen haben. Einige der Texte dazu stammten von Thomas Meyer-Falk, der nun nach 16 Jahren Strafhaft selbst von Sicherungsverwahrung bedroht ist.
Das meiste, das Thomas dazu veröffentlicht hat, ist entweder eine grundsätzliche Darstellung des Instrumentariums Sicherungsverwahrung und der letzten Etappen der juristischen und politischen Auseinandersetzung mit dieser. Er gab aber auch manche Beispiele, wie es Gefangenen erging, die in dieser Zeit angeblichen Wandels der Sicherungsverwahrung ausgeliefert wurden.
Thomas Meyer-Falk ist uns nahe aufgrund seiner unermüdlichen Öffentlichkeitsarbeit gegen Knaststrukturen, seine solidarische Art, in der er die Situation anderer Gefangener beschreibt, und durch seinen kritischen Bezug auf die gesellschaftlichen Verhältnisse allgemein. Angesichts seiner deutlichen Präsenz im Netz müssen wir nicht viel über ihn schreiben. Seine eigenen Texte sind lesbar unter
http://www.freedom-for-thomas.de/thomas/index.shtml
und
http://freedomforthomas.wordpress.com/texte-von-thomas-meyer-falk/

Die Anti-Knast-Gruppe Bielefeld hat vor einigen Monaten die Initiative zu einer Unterstützungsaktion für Thomas Meyer-Falk ergriffen, um dessen Abschiebung in die Sicherungsverwahrung zu skandalisieren und Druck gegen diese Maßnahme zu entwickeln. Die Gruppe hat eine Flugschrift und ein Plakat dazu gestaltet und herausgegeben.
(http://infoladenanschlag.wordpress.com/antiknast/veroffentlichungen/
Text: Was bleibt ist die bedingungslose Freilassung...
bzw.
http://infoladenanschlag.files.wordpress.com/2012/09/flyer-a31.pdf)


Ausschlaggebend für unsere Beteiligung an dieser Aktion ist, dass die Bielefelder/innen ihre Kritik an der Knastgesellschaft und an der Sicherungsverwahrung allgemein formulieren, die Konzentration auf einen speziellen Gefangenen als nicht ganz unproblematisch bezeichnen. Aber wenn die anderen, die keinen Kontakt nach "draußen" haben, dabei nicht vergessen werden, wenn betont wird, dass Thomas Meyer-Falk auch als Beispiel für das Funktionieren des Repressionssystems angeführt werden kann, halten sie es dann dennoch für legitim. Wir können ihnen da folgen, zumal ja Thomas selbst schon schlimme Erfahrungen vieler Gefangener aus seinem Umkreis als Beispiele aufgegriffen hat.
Die Situation ist bei Thomas auch deshalb besonders zugespitzt, weil die Verfechter/innen der Sicherungsverwahrung inzwischen so sehr auf  "Therapie" setzen als Legitimation dieses Terrorinstruments, das ein Wegsperren für immer ermöglicht, sofern sich der Gefangene - pardon, der weiterhin gefangene "Verwahrte" - nicht der Logik der Herrschenden unterwirft.  Als systemkritischer Gefangener lehnt Thomas Meyer-Falk Zwangstherapie ab, will er sich nicht einer Gehirmwäsche unterziehen. Er will sich nicht brechen lassen. Und grad dies wird vom System als Vorwand benutzt, ihn weiter eingesperrt zu halten.

Als (vorerst) letzte Initiative haben die Bielefelder/innen den Vorschlag gemacht, in möglichst vielen Städten Transparente zu diesem Thema an Treffpunkte kritischer Bewegungen und Wohnhäuser deren Mitglieder zu hängen. Also auch hier den Gesamtzusammenhang nicht zu vergessen, jedoch auch konkret für die Freilassung von Thomas Meyer-Falk einzutreten. (Wobei wir alle wissen, dass er damit genauso wenig "frei" wäre wie wir alle, dass das nur ein Übergang vom "kleinen" in den "großen Knast" unserer von Repression gekennzeichneten Gesellschaft sein kann. Aber immerhin, er war über-lange genug im kleinen Knast, dort die meiste Zeit in Einzelisolation.)
Wir haben uns dieser Transparentaktion angeschlossen und befreundete Gruppen um Teilnahme gebeten. Wir hoffen darauf, dass dies noch andere Gruppen und Personen tun, in Köln und anderswo.

Transparente in Köln

Gegen Sicherungsverwahrung

für Freilassung von Thomas Meyer-Falk

Rudimentäre Erklärungen zu dieser Aktion sind dem vorangehenden Artikel zu entnehmen. Nachfolgend Bilder zu Transparenten, die in dieser Angelegenheit bisher in Köln hängen. Wir würden uns darüber freuen, wenn es noch mehr würden. Falls Ihr dieser Anregung folgt, bitte schickt uns ein Foto an akp.koeln@googlemail.com

Stadtzentrum, Salierring 41



 
 Stadtzentrum, Salierring 37
 



 Köln-Ehrenfeld, Liebigstraße



Stadtzentrum, Im Ferkulum




Südstadt, Elsaßstraße


Sonntag, 6. Januar 2013

Silvester am Knast Köln-Ossendorf

Wie in den Jahren zuvor waren wir an Silvester 2012 mit Musik, Raketen und Redebeiträgen vor dem Knast Köln-Ossendorf, um uns für Gefangene hörbar zu machen. Sichtkontakt ist wegen der Isolations-Architektur nicht möglich. Und wir wissen nie, ob und wie viele Gefangene uns hören können.

Gekommen waren etwa 250 Teilnehmer/innen aus verschiedenen libertären Gruppierungen. Wie gewohnt machten wir angesichts der Weitläufigkeit des Geländes an geeignet erscheinenden Plätzen Zwischenkundgebungen, um möglichst viele Hafthäuser zu erreichen. In diesem Jahr war es besonders günstig, dass ein erst kürzlich aus Ossendorf Entlassener uns diesbezüglich Hinweise geben konnte. Auch sein Beitrag war für uns draußen besonders bemerkenswert, weil er sich einerseits bei den Teilnehmenden bedankte, andererseits aber auch der Kölner Linken etwas die Leviten las, das Thema Knast relativ beiseite zu schieben und es oft an konkreter Solidarität mangeln zu lassen. Außerdem wurden Grußbotschaften derzeit noch gefangener revolutionärer Gefangener verlesen. Es gab Beiträge ehemaliger Gefangener, die die Gefangenen ermutigen sollten, sich nicht brechen zu lassen und gemeinsam mit Unterstützenden draußen Öffentlichkeit gegen das Knastsystem herzustellen. Dies war auch unser Ansatz als Gruppe Autonomes Knastprojekt. Die Anarchistische Gruppe Köln leistete einen Beitrag, wie Knast in die kapitalistische und staatliche Machtausübung einzuordnen ist als nachdrücklichen Hinweis darauf, dass wir dieses Problemfeld, die Spitze des Eisbergs, nicht beiseite schieben oder übersehen sollten.
Es mangelte diesmal etwas an der Mehrsprachigkeit unserer standardmäßigen Grüße an die Gefangenen, in dem wir das Ziel einer Gesellschaft ohne Herrschaft und Knäste angeben. Doch die Musik war mehrsprachig und hoffentlich laut genug, um drinnen gehört zu werden.

Silvester am Knast

Rede eines kürzlich Entlassenen 

 

Liebe Freunde,
einen großen Teil meines Lebens habe ich hinter diesen Mauern verbracht und nun bin ich sehr  froh, dass ich hier und heute endlich mal die Möglichkeit habe, mich bei Euch allen zu bedanken. Jahr für Jahr nehmt Ihr Euch die Zeit hierher zu kommen, um mit uns Inhaftierten ins neue Jahr zu gehen. Dabei könnt Ihr uns weder sehen noch hören und dennoch kommt Ihr und rennt dabei - im wahrsten Sinne des Wortes - jedes Jahr auf`s neue  gegen Mauern. Eine derartige Solidaritätsbekundung ist alles andere als normal, selbstverständlich oder alltäglich. Daher möchte ich mich im  Namen aller hier in Ossendorf einsitzenden und überall anders inhaftierten Mitmenschen bei  Euch recht herzlich  bedanken.
Danke für Euer Kommen,
Danke für Eure Solidarität,
und Danke, dass es Euch gibt!

Für Euch mag diese Kundgebung hier eine solidarische Geste oder ein menschliches  Symbol sein, aber den Jungs da hinter den Mauern bedeutet es viel-viel mehr. Es ist nämlich ein Stück Freiheit, wenn man weiß und spürt, dass vor den Mauern Menschen stehen, die Inhaftierte nicht verachten, verbannen oder vergessen und obendrein dazu bereit sind, mit uns Inhaftierten ins neue Jahr zu gehen. Das gibt Mut, Kraft, Hoffnung und läßt einem für Momente den Haftalltag vergessen. Dieses Stück Freiheit, liebe Freunde, bereitet Ihr hier und heute den Jungs hinter den Mauern und Ihr könnt mir glauben, dass sie es in vollen Zügen genießen werden.
Dafür vielen-vielen Dank!

Nun könnte ich Euch stundenlang und seitenweise aufzählen, wie unwürdig Inhaftierte behandelt werden, wie menschenverachtet teilweise mit ihnen umgegangen wird und wie rechtwidrig die Institution Knast agiert. Aber diese Erzählungen würden nichts an der Situation ändern. Solange das Justizsytem die organisierte Kriminalität verkörpert und unkontrolliert auslebt, solange das Staatsschutzschild Knast excellent vermarktet wird, bringt es nichts deren Vergehen aufzuzählen, denn daran würden die sich nur ergötzen.

Es ist nicht einfach, das vorhandene  System hinter den Mauern schadlos zu überstehen, da es viel Mut, Kraft und Ausdauer bedarf, um jeden Tag aufs neue mit sich selbst und gegen das System zu kämpfen. Dementsprechend schaffen es nicht alle, dieser staatlich legitimierten Folter zu trotzen und sie zerbrechen an diesem System, da sie dem ständigen physichen sowie psychischen Druck nicht gewachsen sind und  sich den Lebensmut rauben lassen.
Daher lasst uns nicht über das sprechen, was Sie uns Inhaftierten antun, sondern über das, was wir Ihnen antun können.

Leider spaltet die Thematik Knast nicht nur die heutige Gesellschaft, sondern auch die linke Szene. Was mich persönlich sehr traurig stimmt, da sich eine Entwicklung in Richtung Anpassung anbahnt. Was die Thematik Knast betrifft, so gibt es selbsverständlich eine Fülle an Diskussionsbedarf, jedoch sollten diese Diskussionen nicht das Wesentliche in den Hintergrund drängen. Natürlich besteht Redebedarf, ob eine Gesellschaft ohne Knäste mit allen damit verbundenen Konsequenzen vorstellbar ist oder nicht. Und  auch ich stelle mir natürlich immer wieder die Frage, ob ich tatsächlich gegen Knäste sein kann und im Umkehrschluss damit auch die Freilasung von den staatlich subventionierten rechten Terrorzellen mit meinem Gewissen vereinbaren könnte. Das sind natürlich Diskussionen, die geführt werden sollten und auch geführt werden müssen, die aber nicht dazu führen dürfen, dass eine linke Szene sich selbst ihre Stärke raubt. Bei all dem linken Diskussionseifer wird nämlich vergessen, dass es in erster Linie um Mitmenschen geht, für deren Belange es sich einzusetzen gilt. So geht es hier und heute nicht darum zu diskutieren oder sich zu positionieren, es geht nicht um  ob.., hätte..., wenn und aber, sondern einzig allein darum, Solidarität zu zeigen mit einer von der heuchlerischen Gesellschaft separierten Randgruppe.
Ich selbst bin heute nicht hier, weil ich gegen Knäste bin oder weil ich Freilassungen einfordere.... Ich bin hier, weil ich den Menschen hinter den Mauern alles Gute Wünsche will, Ihnen meine menschliche Solidarität zukommen lassen möchte und weil ich weiß, dass kein Mensch dieser Welt es verdient hat, unter solchen Bedingungen zu leben.

Daher würde ich mir wünschen, dass insbesondere die sonst so aktiven  kölner Linken, die leider wie die Gesellschaft den Ossendorf Knast vergessen haben, dazu beitragen, dass eine Brücke nach außen gebaut wird, um Transparenz, Öffentlichkeit und Leben hinter diese Mauern zu bringen.
Dies umso mehr wenn man bedenkt, dass mehr als 50 Prozent der heute einsitzenden Mitmenschen hinter diesen Mauern entweder Migranten sind oder einen Migrationshintergrund besitzen und nur wegen Ihrer Nationalität überhaupt in Haft sitzen, so dass es eine Art von staatlichem Rassismus darstellt, den es mit allen Mitteln zu bekämpfen gilt. Würde man alle unnötig inhaftierten Mitmenschen freilassen, die wegen Ordnungswidrigkeiten, Schwarzfahrens, Ersatzfreiheitstrafen oder Suchtproblematiken eingesperrt sind, so wäre die JVA Ossendorf - wie nahezu sämtliche Haftanstalten in Deutschland - ziemlich  leergefegt!
Gegen ein System, dass staatlich subventionierte rechte Terrorzellen züchtet und unbehelligt morden läßt, das den Tierschutz höher ansiedelt als die Menschenrechte und das Geld wertvoller als Menschenleben, sollte es in einer linken Szene endlich  möglich sein, sich solidarisch zu verbünden und auch das Thema Knast in den Alltagskampf nachhaltig zu integrieren!!

In diesem Sinne wünsche ich Euch im Namen aller Inhaftierten  einen guten Rutsch ins neue Jahr, viel Glück, Gesundheit und alles-alles Gute.

Danke dass Ihr gekommen seid !!