„Gesellschaft ohne Knäste“ - klingt heute irgendwie daneben. Wie soll das denn gehen? Und will das wirklich einer oder eine? Gegen die Todesstrafe was tun oder weil eine unschuldig ist, ja, kein Problem! Andere haben dann da noch ihren eigenen „politischen Gefangenen“. - Aber kein Einsperren mehr, keine Vergeltung, keine Gerechtigkeit?
Und schon sind sie alle in die Falle getappt, sind diszipliniert in der Disziplinierungsgesellschaft, zwischen Zugeständnissen und täglichen kooperierenden Überwachungen -“Wer sich an die Gesetze hält, dem passiert nichts“ - und merken nicht, dass auch sie längst im Fadenkreuz sind.
Eigentlich brauchen wir hier ja nichts mehr tun: In naher Zukunft werden die Knäste von sich aus verschwinden. Hausarrest mit Fußfesseln schon beschlossene Sache. Elektronische Halsbänder werden schon diskutiert, private Sicherheitsdienste, Chipkarten, Internetkontrollen Kameraüberwachung, biometrische Zuordnung schon praktiziert, bereit für Ausgrenzung bestimmter sozialer Schichten, Migranten, illegalisierte Flüchtlinge. Alles geplant als gut geölte Maschine mit „no-go-areas“. Nur mit entsprechender Karte zu betreten.
Aber die Umwandlung in die Kontrollgesellschaft ist noch nicht abgeschlossen. „Null Toleranz“, „Strafverschärfung“ - fast könnten wir von einer „Wiederentdeckung des Gefängnisses“ sprechen, wenn auch mehr und mehr aus Kostengründen privatisiert wird. Immer neue, andere Bedrohungszenarien werden aufgebaut: „Die da müssen weg, gehören abgeschoben, eingesperrt.“
Wenn wir hier wieder und weiterhin von „Gesellschaft ohne Knäste“ reden, so heißt dies, all das gerade Gesagte anzugehen, aufzubrechen, Alternativen dazu zu entwickeln - weil sich immer weniger durch ein „mich betrifft das nicht“ rausreden können. So werden z.B. immer mehr Menschen gezwungen, ihr tägliches Überleben zu sichern, greifen zu „illegalen Methoden“. 80 % der Inhaftierten sind so genannte „Eigentumsdelikte“.
„Gesellschaft ohne Knäste“ heißt heute und hier unsere Beziehungen zu einander zu verändern. Konflikte können nicht eingesperrt werden. Das heißt täglich Lösungen zu suchen und zu finden, ohne auf Bestrafung zurückgreifen zu wollen. Heißt auf Dauer eine radikale Veränderung dieser Gesellschaft. Viele von uns (mich eingeschlossen) haben vielleicht noch ihre eigenen Rachefantasien. Aber ich denke, wir alle haben auch unsere jeweiligen alternativen Konfliktlösungen, sei es in privaten oder öffentlichen Zusammenhängen, bis hin zu bestimmten Methoden der Selbstverteidigung.
Seitdem es diese Kämpfe gibt, ist eigentlich alles schon gesagt worden. Ich möchte daher abschließend einige Sätze von kämpfenden Gefangenen aus Italien vorbringen:
Wir sind gegen den Knast ...
Wir sind gegen den Knast, weil er geschaffen und entwickelt wurde, um die Privilegien der Reichen und die Macht des Staates zu beschützen.
Wir sind gegen den Knast, weil eine Gesellschaft ihn nicht mehr braucht, wenn sie nicht auf Geld und Profiten, sondern auf Freiheit und Solidarität basiert.
Wir sind gegen den Knast, weil wir nach einer Welt streben, wo die Regeln wirklich gemeinsam entschieden werden.
Wir sind gegen den Knast, weil selbst das grausamste Verbrechen irgend etwas über uns selbst erzählt, über unsere Ängste, unsere Schwächen.
Wir sind gegen den Knast, weil nichts Gutes auf Unterwerfung und Zwang wachsen kann.
Wir sind gegen den Knast, weil wir diese Gesellschaft radikal verändern wollen (und deswegen ihre Gesetze übertreten), weil wir uns nicht friedlich in ihre Städte, ihre Fabriken, ihre Kasernen, ihre Einkaufszentren integrieren wollen.
Wir sind gegen den Knast, weil der Lärm der Schlüssel im Zellenschloss eine tägliche Folter ist, Isolation eine Abscheu, das Ende der Sprechstunde eine Qual, die eingesperrte Zeit eine Sanduhr, welche langsam tötet.
Wir sind gegen den Knast, weil er uns entweder viel zu viele Tage, Monate oder Jahre, oder viel zu viele FreundInnen, Unbekannte oder GenossInnen weggenommen hat.
Wir sind gegen den Knast, weil die Menschen, die wir darin getroffen haben, weder besser noch schlechter sind als diejenigen, die draußen rumlaufen. (Obwohl wenn ich nachdenke, sind sie doch besser).
Wir sind gegen den Knast, weil die Nachricht eines Ausbruchs unsere Herzen aufwärmt, mehr als der erste Tag des Frühlings.
Wir sind gegen den Knast, weil eine Gesellschaft, die es braucht, Menschen einzusperren und zu entmündigen, selbst ein Knast ist.
Kündigen wir dieser Gesellschaft, ersetzen wir ihre Gesetze und ihr Recht durch unsere eigenen Regelungen !
Deshalb :
Für Gesellschaft ohne Knäste !
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Obiger Text wurde
von Wilfried formuliert und zusammen gestellt,
als Rede des AntiknastAK-K
auf der Silvesterkundgebung 09
vor dem Knast Köln-Ossendorf vorgetragen.
aus STRAFLOS NR.2
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